Keine Einbahnstraße: Integration kann nicht verordnet werden

Trier · Beim Thema Integration hat es in der Vergangenheit gravierende Fehler in Deutschland gegeben. Keine Frage. Die Folgen sind bekannt: Vor allem in Großstädten wie Berlin haben sich zunächst Parallelgesellschaften gebildet. Das soll sich nun, nachdem im vergangenen Jahr fast eine Million Flüchtlinge nach Deutschland gekommen ist, nicht wiederholen.

Beim Thema Integration hat es in der Vergangenheit gravierende Fehler in Deutschland gegeben. Keine Frage. Die Folgen sind bekannt: Vor allem in Großstädten wie Berlin haben sich zunächst Parallelgesellschaften gebildet. Das soll sich nun, nachdem im vergangenen Jahr fast eine Million Flüchtlinge nach Deutschland gekommen ist, nicht wiederholen. Das ist zunächst einmal gut. Doch die Umsetzung ist schlecht. Die Bundesregierung macht Integration kurzerhand zur Pflicht. Flüchtlinge müssen sich künftig integrieren, sonst drohen ihnen Sanktionen, wie etwa weniger Sozialleistungen. Asylbewerber werden unter Generalverdacht gestellt, sie seien alle Integrationsverweigerer, die kein Deutsch lernen und nicht arbeiten wollen. Damit schürt man genau die Vorurteile, mit denen Rechtspopulisten wie die AfD Stimmung gegen die Flüchtlinge machen. Mit dem Gesetz, das vor allem auf Druck aus Bayern und zunächst gegen den Willen der SPD auf die Schiene gesetzt worden ist, wird der falsche Eindruck erweckt, dass sich die Flüchtlinge nur ein wenig anstrengen müssen, dann klappt es schon mit der Integration, dann wird aus dem Syrer ein vorbildlicher Deutscher. So einfach ist es nicht. Man kann nicht einfach die Vorschriften verschärfen und davon ausgehen, dass damit alle Probleme beseitigt sind.

Eine Residenzpflicht dürfte eher hinderlich sein bei der Integration. Warum soll eine afghanische Familie in der Eifel oder im Hunsrück wohnen bleiben müssen, wenn der Mann in Mainz, Koblenz oder Köln viel einfacher oder überhaupt einen Job finden würde, die Kinder leichter zur Schule kämen und die Frau Kontakt zu Verwandten haben könnte? Die Verpflichtung, Deutsch zu lernen, scheitert vielerorts schon daran, dass es gar keine oder nicht ausreichend Sprachkurse gibt. Das im Gesetz zum Prinzip gemachte Fördern und Fordern wird mangels Angebot ad absurdum geführt. Integration kann nicht einfach verordnet werden. Sie ist auch keine politische und rein staatliche Aufgabe. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, vor der Deutschland steht. Die Bürger müssen, wie es im Übrigen ein Großteil bereits tut, bereit sein, Fremde als Mitbürger aufzunehmen. Auch offen sein für neue Kulturen und Sitten. Integration ist nämlich keine Einbahnstraße. Integration heißt auch, fremde Menschen, deren Leben und Alltag zu respektieren und zu akzeptieren. Dafür brauchen wir aber eine Politik, die deutlich macht, dass Flüchtlinge tatsächlich willkommen sind und sie nicht unter Generalverdacht stellt.
b.wientjes@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort