Keine Gnade mit gaffenden Zeitgenossen

Das Land setzt mit härteren Strafen ein Signal.

Unfälle, Brände und Naturkatastrophen haben schon immer eine besondere Faszination auf einige Menschen ausgeübt. Menschen, die sich offenbar am Leid anderer Menschen ergötzen können. Gaffer etwa nach Unfällen auf Autobahnen sind auch nichts Neues. Sobald sie Blaulicht und Rettungswagen vor sich sehen, fahren sie im Schritttempo an der Unfallstelle vorbei, um möglichst jedes Detail des Einsatzes zu sehen. Immer wieder kommt es zu Staus, und die Gaffer provozieren gefährliche Situationen.
Durch die massenhafte Verbreitung von Smartphones und in dem irrigen Glauben, ja fast schon Wahn, quasi alles am Tag Erlebte auf Fotos festhalten und über sogenannte soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und Snapchat jeden daran teilhaben lassen zu müssen, hat das Gaffen eine neue Qualität erhalten. Gaffen ist zum Volkssport geworden. Statt Unfallopfern zu helfen, wird erst einmal das Smartphone gezückt. Es geht darum, wer das beste Foto vom Rettungseinsatz machen kann - und am Besten noch von dem am Boden liegenden Opfer, um dessen Leben die Ärzte und Sanitäter gerade kämpfen. Und wer es am schnellsten im Internet verbreiten kann. Das ist zynisch und menschenverachtend.
Mitleid und Anteilnahme sind den meisten Gaffern fremd. Oft behindern sie mit ihrem rücksichtlosen Verhalten die ohnehin unter Stress stehenden Einsatzkräfte, blockieren Straßen, selbst das Landen eines Rettungshubschraubers nach einem Unfall ist durch Gaffer schon verhindert worden.
Immer öfter muss die Polizei daher neben der eigentlichen Unfallaufnahme noch gegen aggressive Gaffer vorgehen. Das bedeutet, dass mittlerweile bei vielen Einsätzen zusätzliche Beamte notwendig sind, die sich nur um das Abwimmeln dieser Leute kümmern müssen.
Daher ist es richtig, dass Rheinland-Pfalz nun härter gegen diese offenbar völlig enthemmten Zeitgenossen vorgehen will. Gaffen ist kein Kavaliersdelikt. Die angedachte Strafe von bis zu 10 000 Euro für jeden, der Rettungseinsätze behindert und sich den Anweisungen von Polizei und Sanitätern widersetzt, ist angebracht, aber eigentlich noch zu wenig. Es ist allenfalls ein Signal, dass der Staat nicht mehr gewillt ist, solche Störer zu dulden. Eigentlich müsste jeder Gaffer, der Einsatzkräfte bei ihrer Arbeit stört und Bilder von Opfern im Internet verbreitet, strafrechtlich belangt werden und vor Gericht kommen.

b.wientjes@volksfreund.de

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