Keine Hoffnung, nirgends

Frühere Bundesfinanzminister pflegten sich den Ruf als Schuldenkönig erst am Ende ihrer jeweiligen Amtsperiode einzuhandeln. Wolfgang Schäuble verdient sich diesen Titel schon zu Beginn seiner Tätigkeit als oberster Kassenwart.

Der Haushaltsentwurf, den er seinen Kabinettskollegen heute zur Abstimmung vorlegen wird, enthält die bemerkenswerte Feststellung, dass die Neuverschuldung im kommenden Jahr mit fast 86 Milliarden Euro eine "bisher beispiellose Höhe" in der Geschichte der Bundesrepublik erreicht.

Nun wäre es sicher ungerecht, die besonderen Umstände auszublenden, auf denen das traurige Zahlenwerk fußt. Ohne kostenträchtiges Gegensteuern des Staates hätte die internationale Wirtschaftskrise in Deutschland deutlich tiefere Schleifspuren hinterlassen. Anders als bei früheren Finanzministern, die den Aufschwung am liebsten herbeigebetet hätten und sich die Zahlen entsprechend schön rechneten, lebt Schäubles Haushalt jedoch von derart geballter Schwarzmalerei, dass einem Angst und Bange werden kann. Und trotz übereinstimmender Prognosen über einen zarten Konjunkturfrühling findet sich dort nicht einmal die Spur von Konsolidierung.

Das Fatale an diesem unbekümmerten Geldausgeben ist, dass sich der Bund in den Folgejahren nun umso stärker in Zugzwang setzt. Ab 2011 sind nämlich die Zeiten vorbei, in denen es mal eben genügte, eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts auszurufen und damit einen Freibrief für neue Kredite in der Hand zu haben. Will Schäuble nicht sehenden Auges die Verfassung verletzen, muss er spätestens dann als eiserner Haushaltssanierer tätig werden, um der gundgesetzlich verankerten Schuldenbremse zu genügen. Und umso mehr Schulden er noch 2010 macht, desto böser wird das Erwachen danach sein. Nicht nur, dass alle zusätzlichen Steuersenkungsversprechen auf Sand gebaut sind - in der Koalitionsvereinbarung ist immerhin von einer weiteren Entlastung in Höhe von 24 Milliarden Euro die Rede. Der Staat wird auch bei den Ausgaben Abstriche machen müssen und damit bei den Leistungen für die Bürger. Die politisch groß angepriesenen Steuergeschenke zu Beginn des Jahres 2010 werden dann längst vergessen sein.

Zweifellos sind die Zeiten schwierig, um als Finanzminister zu glänzen. Dem Etat für das kommende Jahr haftet aber nicht einmal der Versuch einer soliden Haushaltsführung an. Wenn Schäuble wenigstens mal beim Unsinn der Steuersubvention für Hotelbesitzer auf den Tisch hauen würde. Angesichts der riesigen Schuldenorgie sind das zwar nur Peanuts. Aber es wäre wenigstens ein Hoffnungsschimmer, dass diese Bundesregierung finanzpolitisch nicht von allen guten Geistern verlassen ist.

nachrichten.red@volksfreund.de

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