Klassischer Kompromiss

Geschlossene Kindergärten, ausfallende Busse, überquellende Mülltonnen - ein Horrorszenario, das im Falle eines Scheiterns der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst wohl Wirklichkeit geworden wäre.

Die Einigung zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern von Bund und Kommunen ist daher in erster Linie eine gute Nachricht für alle Bürger, die den öffentlichen Dienst als Kunden in Anspruch nehmen.

Für Verdi & Co dürfte es dagegen schwierig werden, den weitgehend unveränderten Schlichterspruch aus der Vorwoche ihren Mitgliedern schmackhaft zu machen.

Schließlich hatte man riesige Erwartungen geweckt. Jetzt ist die Fünf-Prozent-Forderung zumindest bei der Lohnkomponente mehr als halbiert. Da muss sich die Freude zwangsläufig in Grenzen halten.

Allerdings mag Verdi geschwant haben, dass ein wochenlanger Arbeitskampf mitnichten zur wirtschaftlichen Lage im Lande passen würde. Das umso mehr, als viele Arbeitnehmer in anderen Branchen um ihre Jobs fürchten müssen. Auf der anderen Seite zeigt auch die verhaltene Reaktion der Kommunalvertreter, dass es sich um einen klassischen Tarif-Kompromiss handelt. Bei zahlreichen Stadtkämmerern wird nun das große Rechnen beginnen. Ihre Kommunen standen schon vor dem Tarifabschluss finanziell mit dem Rücken zur Wand. Aber auch für sie gibt es einen Lichtblick. Die vereinbarte Laufzeit für die schrittweisen Lohn- und Gehaltszuwächse beträgt immerhin mehr als zwei Jahre. Damit lässt sich ordentlich kalkulieren.

Zur Erinnerung: Verdi wollte ursprünglich eine Laufzeit von lediglich zwölf Monaten durchsetzen. Auch an dieser Stelle ist die Gewerkschaft weit über ihren Schatten gesprungen. Die Tarifpartnerschaft funktioniert also noch in Deutschland. Trotz schwieriger Bedingungen. Die zerstrittenen Regierungspartner in Berlin könnten sich ein Beispiel dran nehmen.

nachrichten.red@volksfreund.de

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