Kluger Schachzug

Der Angriff der USA auf Syrien ist erst einmal aufgeschoben - aber ist er damit auch aufgehoben? Der Kongress wird dazu das letzte Wort haben, nachdem Barack Obama überraschend dem Beispiel des britischen Premierministers David Cameron folgt. Es ist aus mehreren Gründen ein kluger wie einsichtiger Schachzug des Präsidenten, der sich selbst in eine Ecke manövriert hatte.

Zum einen gibt Obama dem Drängen der Volksvertreter nach, die ein Mitspracherecht wollen und ihm sogar vorgehalten hatten, beim Übergehen des Kongresses würde er die Verfassung missachten. Die UN-Inspektoren haben nun Zeit, ihren Bericht vorzulegen. Auch ergibt sich die Möglichkeit, diplomatische Lösungen beim G 20-Gipfel in St. Petersburg auszuloten.
Zum anderen bietet sich für den US-Präsidenten auch die Chance, einen Krieg zu vermeiden, den er eigentlich - allem Säbelrasseln zum Trotz - nicht will. Denn Obama war einst angetreten, Amerika aus der Ära militärischer Abenteuer herauszuführen.
Sein Zögern seit dem ersten Überschreiten der von ihm gezogenen "roten Linie" in Syrien belegt, wie wenig er tatsächlich Konsequenzen ziehen und reale Abschreckung praktizieren möchte. Sagt nun der Kongress "No" zu seinem limitierten Angriffs-Vorschlag, wird er sich nach diesem Votum richten. Denn warum sonst hätte er die Abgeordneten und Senatoren zur Debatte und Abstimmung gebeten? Manche Beobachter würden dann sagen: Obama wäre - wie Cameron - politisch beschädigt. Doch so ein Ausgang wäre für den Friedens-Nobelpreisträger wohl immer noch besser als ein Militärschlag, den weder er selbst noch die meisten westlichen Verbündeten und schon gar nicht die Mehrheit der US-Bürger wollen - und der sein Image in den Geschichtsbüchern unwiderruflich beschädigen würde.
nachrichten.red@volksfreund.de

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