Krankenkassen sind keine Sparkassen

Wohl dem, der solche Probleme hat. Bis vor noch nicht all zu langer Zeit waren Bundesgesundheitsminister gleich welcher Couleur vollauf damit beschäftigt, Finanzlöcher im gesetzlichen Krankenkassensystem zu stopfen.

Jetzt schwimmt der Gesundheitsfonds im Geld, und die Kassen selbst verfügen ebenfalls über ein milliardenschweres Polster, weshalb sich zwangsläufig die Frage stellt, was mit den überschüssigen Beträgen geschehen soll.
Die FDP hat sich an die Spitze der Bewegung gestellt. Sie fordert schon länger die Abschaffung der Praxisgebühr. Das ist vernünftig, aber sicher nicht frei von taktischem Kalkül. In der Koalitionsvereinbarung von Union und Liberalen war jedenfalls noch etwas anders verabredet. Danach sollte die Praxisgebühr von bürokratischem Dickicht befreit werden, aber nicht kurzerhand verschwinden. Seit die Liberalen jedoch mit ihrer Forderung nach massiven Steuersenkungen auf ganzer Linie gescheitert sind, sucht die Partei verzweifelt nach Profilierungsersatz. Den Bürgern kann es nur recht sein. Die Praxisgebühr ist ein Muster ohne Wert, weil sie weder eine erhoffte Lenkungsfunktion hat, noch übermäßig viel Geld in die Kasse spült. Gemessen an den Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenkassen sind es gerade mal ein Prozent. Der politische Ärger ist dafür umso größer. Auch wenn es bei der Praxisgebühr inzwischen einen Gewöhnungseffekt gibt, würde ihr keiner eine Träne nachweinen.
Wahr ist allerdings ebenfalls, dass gerade wegen der stattlichen Rücklagen im System eine noch größere Entlastung möglich wäre. Bei der ebenfalls gut gefüllten Rentenkasse gibt es dafür klare Spielregeln. Wächst das Polster über eine bestimmte Grenze hinaus, sind Beitragssenkungen zwingend vorgeschrieben. An dieser Regelung will die Koalition nicht rütteln. Umso erstaunlicher ist, dass das dafür ins Feld geführte Argument, den Beitragszahlern zurückzugeben, was ihnen gehört, in der Krankenversicherung kein Argument sein soll. Sicher, einen gesetzlichen Automatismus wie bei den Rentenfinanzen gibt es nicht. Doch darf nicht vergessen werden, dass der allgemeine Beitragssatz in der Krankenversicherung wegen (im Nachhinein zu Unrecht) befürchteter Finanz engpässe erst im Vorjahr um 0,6 Prozentpunkte erhöht wurde. Zusammen mit den Sparmaßnahmen etwa bei Krankenhäusern und Arzneien war diese Entscheidung eine Ursache dafür, dass der Gesundheitsfonds heute so prall gefüllt ist. Die Krankenkassen sind keine Sparkassen, hat Gesundheitsminister Daniel Bahr gesagt. Daran muss er sich bei der Entlastung der Beitragszahler messen lassen.
nachrichten.red@volksfreund.de

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