Krieg und Frieden

Dass Friedensgruppen gestern in Oslo gegen den Friedensnobelpreisträger Barack Obama demonstrierten, war eine durchaus paradoxe Situation. Doch dem US-Präsidenten darf man dies nicht anlasten: Schließlich war es das Nobelpreiskomitee, das mit seiner umstrittenen und politisch motivierten Entscheidung das Dilemma für Obama heraufbeschwor und ihn - mangels konkreter Errungenschaften - wohl in erster Linie früh dafür auszeichnete, ein Anti-Bush zu sein.

Damit war die Debatte über die Preiswürdigkeit programmiert und Obama zur ebenso kuriosen wie undankbaren Aufgabe verurteilt, die ihm aufgedrängte Entscheidung verteidigen zu müssen.

Man muss es deshalb bewundern, wie elegant der "Kriegspräsident" gestern den Drahtseilakt mit einer überzeugenden und von Bescheidenheit geprägten Rede absolvierte, die auf einen der konstanten Schwachpunkte in der oft eindimensionalen Argumentation der Friedensbewegung gegen militärische Einsätze abzielte.

Denn Obama wies mit eindrucksvollen Beispielen darauf hin, wie in der jüngeren Geschichte Frieden durch Krieg erst möglich wurde - und dass es moralisch vertretbare "gerechte Kriege" geben kann, um ein höheres Gut zu erreichen: die Befreiung von Unterdrückung und Terror, die Wiederherstellung der Menschenrechte. Frieden definiere sich nicht nur durch die Abwesenheit sichtbarer Konflike, und eine gewaltfreie Bewegung hätte Hitlers Armeen niemals aufhalten können. Diese Kernsätze des zweifelsohne zögerlichen Kriegers im Weißen Haus müssen selbst Fundamental-Pazifisten sprachlos machen.

Auch fehlte der klare Hinweis Obamas nicht, dass Amerika den Krieg in Afghanistan nicht gesucht habe, sondern zu ihm in einer Koalition mit nunmehr 43 anderen Ländern gezwungen wurde - und er als US-Präsident den Eid abgelegt habe, die Nation zu schützen. Diese Aussage wird zwar die aktuelle Debatte über die Details seiner Truppenaufstockung und des Abzugsplans, die gesetzten Ziele und den militärstrategischen Sinn nicht beenden. Sie wird zu Recht auch in Deutschland mit aller Heftigkeit geführt. Aber in der Diskussion um die Preiswürdigkeit bringt diese Aussage Obama zumindest Entlastung.

Doch nun folgt den geschliffenen Worten der noch schwierigere Teil: Der Preis ist, wie es auch das Nobelpreiskomitee gestern noch einmal feststellte, ein "Aufruf zum Handeln". Und an den akuten Herausforderungen wird man den Geehrten letztlich messen: an der Suche nach einem Frieden in Nahost; am Ringen um eine Beschränkung des friedensgefährdenden Nuklearpotenzials unberechenbarer Regime wie Iran oder Nordkorea; an einer - derzeit noch stockenden - Reduzierung des immer noch gewaltigen Atomwaffen-Arsenals der Großmächte. Aber auch am kritischen Umgang mit der Unterdrückung der Bürgerrechte im Iran - einem von Obama bislang mit zuviel Rücksicht auf das Regime behandelten Thema, bei dem er nach seiner Rede nun in der Bringschuld steht.

nachrichten.red@volksfreund.de

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