Mehdorns Metier

Warum der Ex-Bahnchef der Richtige für Berlins Großflughafen ist: Die deutsche Hauptstadt braucht dringend einen modernen Flughafen, der die weiter steigenden Fluggastzahlen bewältigen wird. Deshalb ist es richtig, jetzt nicht weiter nach Beratern zu suchen.

Zumal niemand Lust hat, einen solchen Job für den beim Bau im Verzug befindlichen Berlin-Brandenburger Großflughafen (BER) zu übernehmen. Der Chaosladen braucht einen Chef, der mehr mitbringt als Technikwissen.
Dass ausgerechnet Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn das weltweit belächelte Pannenprojekt zu Ende bringen soll, könnte man launig abtun: Mit Verspätungen kennt er sich ja aus. Aber der 70-Jährige ist ein Topmanager, der bei der Deutschen Bahn über zehn Jahre lang gezeigt hat, dass er ein staatlich bestimmtes, kompliziertes Unternehmen führen kann: Die Bahn macht Gewinn, wurde in seiner Ära moderner und zum internationalen Logistikkonzern. Beinahe hätte Mehdorn den vom Bund zeitweise ersehnten Börsengang vollbracht.
Bahnkunden würden als Mehdorns Eigenschaften eher stetig steigende Fahrpreise sowie mangelhafte S-Bahnen und ICE-Züge betonen, die nicht einmal wintertauglich sind. Gewerkschaften und Mitarbeiter haben Mehdorn zum Teil gehasst, in seine Zeit fallen der Streik der Lokführer, die jahrelang kaum Gehaltserhöhungen bekommen hatten und dann umso heftiger durchsetzten und die Ausspionierung der eigenen Mitarbeiter bis ins Private - angeblich, um Korruptionsfälle aufdecken zu können. Und mancher Wutbürger gibt Mehdorn die Hauptschuld an der überteuerten Monsterbaustelle Stuttgart 21. Wie dem auch sei: Erfahren ist der gelernte Ingenieur und nach seinem schwachen Auftritt als Air-Berlin-Chef vergleichsweise günstig: Er arbeitet angeblich unter einer Million Euro Jahresgehalt. Das ist bei dem Milliardenvorhaben BER nicht viel.
Jetzt muss Mehdorn den Politikern wie Bundesminister Peter Ramsauer, Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck und Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit klarmachen, dass es hier nicht um Hobbys und Eitelkeiten geht, sondern um eine der ehrgeizigsten Infrastrukturmaßnahmen für Deutschland. Und er muss es stoppen, dass die Großbaustelle zerredet wird, auch wenn Anwohner wegen Nachtflügen und des Lärms protestieren.
Apropos: Es wäre hilfreich, wenn sich auch die rheinland-pfälzische Landesregierung diesbezüglich besinnt: Für die Region Trier geht es zwar nicht um einen Großflughafen, aber um zukunftsweisende Entscheidungen wie Bahnverbindungen, Arbeitsplätze am Hahn und eine Autobahn, die nicht im Nirgendwo enden müsste.
oht@volksfreund.de

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