Meister oder Lehrling

Der Flughafen Hahn hat im Vergleich zu anderen Airports in Deutschland einen Wettbewerbsnachteil: Während dort die öffentliche Hand für funktionierende Start- und Landebahnen sowie Terminals sorgt, muss das im Hunsrück seit zwei Jahren aus eigener Kraft finanziert werden. Bis 2009 trug die private Fraport AG die Jahresverluste.

Doch seit deren Ausstieg befindet sich der Hahn im Sinkflug. Sein Eigenkapital nimmt rapide ab. Spätestens in vier Jahren droht die Pleite.
Anfangs jubilierte die damals von der SPD allein getragene Landesregierung noch, Herr im Haus zu sein. Doch wer das Sagen hat, trägt auch die Verantwortung. Und außer ständig wiederholter Phrasen, man stehe in aussichtsreichem Kontakt zu privaten Geldgebern, hat sich leider nichts getan. Der nun zuständige Innenminister Roger Lewentz demonstriert sogar eine erstaunliche Gelassenheit und propagiert, man könne in aller Ruhe sondieren. In Wahrheit tickt längst unerbittlich die Uhr gegen den Flughafen.
Dass seit Mai die Grünen mit der SPD regieren, verkompliziert die Lage noch. Sie haben nie verhehlt, dass ihnen die Fliegerei, erst recht die Billigfliegerei, nicht passt. Aus ökologischer Sicht haben sie damit recht. Auch das Argument des Lärmschutzes in der Nacht für geplagte Anwohner ist nicht von der Hand zu weisen. Aber das größte Konversionsprojekt des Landes hat noch andere, wichtigere Dimensionen.
Anders als etwa am Nürburgring, wo staatliche Millionen in nutzlose Betonbauten investiert wurden, hängt am Flughafen Hahn direkt oder indirekt eine stattliche Zahl von Arbeitsplätzen - und das in einer strukturschwachen Region wie dem Hunsrück. Auch das Steueraufkommen ist beträchtlich.
Die Probleme wären gelöst, wenn tatsächlich endlich Investoren zum Einstieg bewogen werden könnten. Zumal noch viel Geld für weitere bauliche Veränderungen in die Hand genommen werden muss. Trotz bester Voraussetzungen wie einer 24-Stunden-Fluggenehmigung, schneller Abfertigungszeiten und einer guten Verkehrsanbindung schwindet allerdings die Zuversicht, dass sich noch private Geldgeber finden.
Solange kein stimmiges Gesamtkonzept für die weitere Entwicklung des Flughafens vorliegt und die rot-grünen Koalitionspartner grundsätzlich unterschiedliche Auffassungen über dieses wichtige Infrastrukturprojekt vertreten, schreckt das Interessenten eher ab. Es liegt an Minister Lewentz, für Abhilfe zu sorgen. Hier kann er auf dem angestrebten Weg zur Beck-Nachfolge sein Meisterstück abliefern. Oder als Lehrling auf der Strecke bleiben.
f.giarra@volksfreund.de

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