Missbrauch mit System

Die CSU treibt es wie üblich nur besonders doll. Dass die von ihr geführte Münchener Regierung auf Staatskosten eine politische Studie erstellen ließ, die anschließend offenbar das Drehbuch für christsoziale Attacken auf den liberalen Koalitionspartner im Land wie im Bund lieferte, war Missbrauch von Steuergeldern, verdeckte Parteienfinanzierung - und extrem dumm.

Aber Horst Seehofer ist nicht allein. Alle Ministerpräsidenten, übrigens auch die Kanzlerin, verfügen über eigene Etats für die demoskopische Forschung, vulgo Meinungsumfragen. Angeblich dienen die Erhebungen dem Regierungshandeln, angeblich will man nur erkunden, wo die Bürger der Schuh wirklich drückt. Aber immer werden mindestens nebenbei auch Parteiinteressen bedient. Spätestens dann, wenn die Sonntagsfrage gestellt wird: Wen würden Sie wählen? Und immer sind es die Regierenden und damit die sie tragenden Parteien, die allein die Verfügung und die Kontrolle über die ermittelten Daten haben, und also auch alle Vorteile genießen, die sie bergen mögen.

Es ist schon lange Zeit, diese Zustände zu ändern, und der Münchener Skandal bietet den Anlass dazu, jetzt einen Strich unter diesen Dauermissstand zu ziehen. Wenn schon öffentliches Geld für demoskopische Untersuchungen ausgegeben wird - und das ist als Beitrag zur politischen Meinungsbildung durchaus sinnvoll - dann sollten die Parlamente Auftraggeber sein. Dann sollten die Etats beim jeweiligen Landtags- und Bundestagspräsidenten angesiedelt sein und die Präsidien der Volksvertretungen, denen immer alle Parteien angehören, die Kontrolle über den Einsatz der Mittel wie über die Verwendung der erhobenen Daten bekommen.

nachrichten.red@volksfreund.de

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