Mission Toleranz

Wegen "Missionierung" wird Christen in manchen muslimischen Ländern von Fundamentalisten leicht mal der Hals abgeschnitten. Deshalb mutet dieses Wort aus dem Mund des sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten Rolf Schwanitz, gerichtet gegen den geplanten Redeauftritt des Papstes im Bundestag, so besonders archaisch an.


Man dachte, Deutschland sei weiter. Zum Glück ist die Drohung mit einem Boykott des Auftritts vergleichsweise harmlos.
Der Papst ist erstens Oberhaupt einer Weltreligion, zweitens Staatsoberhaupt des Vatikans und damit drittens der bedeutendste lebende Deutsche, und zwar, falls Schwanitz das nicht wissen sollte, noch vor Dirk Nowitzki.
Es haben schon Geringere gesprochen im Bundestag, denken wir an Moshe Katsav, Israel, der kürzlich wegen Vergewaltigung verurteilt wurde. Und es haben dort schon Leute gesprochen, bei denen niemand vorher die Sorge äußerte, das bloße Zuhören könne ihn zu einem missionierten Gesinnungsfreund machen. Übrigens auch nicht der damalige Staatsminister im Kanzleramt, Rolf Schwanitz, als Wladimir Putin, der angeblich lupenreine Demokrat, 2001 unter der Reichstagskuppel auftrat.
Man muss die für September geplante Rede Benedikt XVI. nicht, wie einige Unionspolitiker es taten, schon jetzt als Sternstunde des Parlaments bejubeln. Das bleibt abzuwarten. Es reicht, neugierig und offen zu sein für diesen deutschen Papst, um ihm zuhören zu können.
Wem das nicht gegeben ist, dem könnte etwas Toleranz helfen. Schließlich müssen auch Laizisten wie Schwanitz anerkennen, dass der Katholizismus eine der bedeutendsten Wurzeln unserer Nation ist. Wer aber keine dieser kleinen Hürden zu nehmen vermag, weil sie alle ihm doch noch geistig zu hoch sind, der soll sich wirklich lieber schleichen.

nachrichten.red@volksfreund.de

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