Mit jedem Tag wird das Risiko größer

Brand im Kernkraftwerk Cattenom. Eine Nachricht, die sich gestern wie ein Lauffeuer über Internet verbreitete.

Und das vor allem, weil der Kraftwerksbetreiber EDF ungewohnt offen und schnell über den Zwischenfall informierte - und das laufend. Die Kritik der deutschen Behörden scheint in Cattenom angekommen zu sein, nicht mit Informationen hinterm Berg zu halten, zu kommunizieren statt zu vertuschen.
Doch gerade die Behörden, die Frankreich für seine bisherige Desinformationspolitik immer wieder gerügt haben, haben sich gestern ebenso wenig mit Ruhm bekleckert. Wer keinen Internetanschluss hat oder nicht den Online-Kurznachrichtendienst Twitter kennt, auf dem der französische Energiekonzern EDF sowie nach und nach immer mehr Medien- wie auch der Trierische Volksfreund - über die Lage in Cattenom informierten, der hatte keine Ahnung, was passiert war, ob womöglich eine Gefahr bestand.
Statt die Bevölkerung offensiv zu informieren und zu beruhigen, weil anscheinend tatsächlich keine Gefahr bestand, hat man sich bei den für den Katastrophenschutz zuständigen Behörden und Ministerien stur an die Vorschriften gehalten und der Bevölkerung offiziell nichts mitgeteilt.
Das hinterlässt ein ungutes Gefühl. Was wäre, wenn die Lage vor Ort in Cattenom falsch eingeschätzt worden wäre und es dann doch noch im Lauf des Tages zu einer Gefährdung gekommen wäre? Wären die Behörden dann in der Lage gewesen, die Bevölkerung noch rechtzeitig zu informieren?
Der gestrige Vorfall macht zwei Dinge deutlich: Die Landesregierung muss in Sachen Cattenom unbedingt ihre Kommunikation mit der Bevölkerung verbessern. Sie darf sich nicht hinter Vorschriften verschanzen und nur bei echten Katastrophen nach einem festgelegten Plan informieren. Denn mit jedem Zwischenfall, ob mit oder ohne Gefahr, wächst die Angst der Bevölkerung.
Und genau aus diesem Grund muss Cattenom nun endlich vom Netz. Auch wenn der gestrige Brand vermutlich offiziell als harmloser Zwischenfall eingestuft werden wird, zeigt er erneut, wie anfällig das veraltete Kraftwerk ist. Es ist an der Zeit, dass die Bundesregierung ihre diplomatische Zurückhaltung aufgibt und offiziell in Frankreich die Abschaltung des Pannen-Reaktors verlangt.
Denn mit jedem Tag an dem Cattenom noch länger am Netz ist, steigt die Gefahr, dass die Behörden irgendwann doch einmal die Bevölkerung in Rheinland-Pfalz offiziell warnen müssen.
b.wientjes@volksfreund.de

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