Muntere Plan-Wirtschaft

Den Integrationsgipfeln im Bundeskanzleramt haften zwei Makel an. Erstens stehen sie immer unter dem Verdacht, dass sie nicht mehr zu bieten haben außer schwammigen Absichtsbekundungen.

Und zweitens bestätigen die Gipfel diese Annahme.
Ein Plan nach dem anderen wurde in den letzten vier Jahren verkündet. Nach dem "Nationalen Integrationsplan" folgte ein Aktionsprogramm, um den Integrationsplan noch einmal zu präzisieren. Jetzt haben die Teilnehmer wieder einen nationalen Aktionsplan auf den Weg gebracht. Ein Quantensprung soll es auch diesmal sein. Die muntere Plan-Wirtschaft nährt jedoch die Befürchtung, dass der Berg der Probleme in der Integrationspolitik nicht kleiner geworden ist.
Eine andere Abschlussbilanz lässt sich auch für den fünften Integrationsgipfel nur schwer ziehen. Weil kaum Ergebnisse ausgemacht werden können, die ganz konkret der Runde zu verdanken sind. Die Probleme bei der Sprachförderung und den Schulabschlüssen, zu wenig Jobs für Migranten nicht nur im Öffentlichen Dienst, Mängel beim Zuzug von Familienangehörigen und Fachkräften, der Streit um die doppelte Staatsbürgerschaft, das alles sind altbekannte Themen, die jedes Mal neu gewälzt und mitunter um neue Fragen ergänzt werden. Die Liste wird länger und länger. Jetzt wird Verbindlichkeit bei der Behebung der Probleme beschworen. Man will versuchen, den Erfolg messbar zu machen, sagt die Kanzlerin wohlweislich. Alles klar?
Hinzu kommt, dass die Teilnehmer allesamt ganz unterschiedliche Erwartungen an die Treffen haben. Jedenfalls sind die, um die es geht, meist die lautesten Kritiker der Veranstaltung - die Vertreter der Migranten selbst. Da stellt sich schon die Frage, inwieweit die Lebenswirklichkeit von Einwanderern in den Köpfen der Politiker von Bund, Ländern und Kommunen tatsächlich eine Rolle spielt, wenn sie sich im Kanzleramt versammeln. Allein der Umstand, dass es nach wie vor Fälle von Zuwanderern gibt, die jahrelang hier leben, voll integriert sind und dann plötzlich abgeschoben werden, zeigt, dass die Politik nicht selten anders denkt als sie vorgibt.
Deswegen muss man den Gipfel schlichtweg darauf reduzieren, was er ist: ein Informationstreffen, eine Bühne, gleichwohl mit symbolischem Wert. Ausnahmsweise wird mehr miteinander geredet als nur übereinander - das ist ohne Zweifel hilfreich. In einem Land, das sich Jahrzehnte der Erkenntnis verweigert hat, Einwanderungsland zu sein, das Zuwanderung nur als vorübergehendes Phänomen begreifen wollte, ist das in der Tat schon viel.

nachrichten.red@volksfreund.de

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