Nicht verbieten, gesetzlich regeln

Zugegeben, der türkische Präsident und seine machthungrige Clique sind nur noch schwer zu ertragen. Denn, ob es uns passt oder nicht, seit Jahren ist das Nato-Mitglied Türkei dabei, sich Schritt für Schritt von Menschenrechten, von Freiheit und Demokratie zu verabschieden.

 Damian Schwickerath

Damian Schwickerath

Foto: Klaus Kimmling

Spätestens seit dem dilettantischen Putsch im letzten Jahr hat die Regierung in Ankara jedes Maß verloren. Wenn Zehntausende Menschen ohne Gerichtsurteil eingesperrt oder ohne Rechtsgrundlage aus dem Staatsdienst entfernt werden, dann erinnert das fatal an Säuberungsaktionen aus finsterster Zeit.

Diese Entwicklung kann man zu Recht bedauern, von Außen ändern kann man sie kaum. Klare Kante zeigen, sagen, was gesagt werden muss, das tun viele deutsche und europäische Spitzenpolitiker. Und darin dürfen sie auch nicht nachlassen. Sie müssen auch weiterhin Unrecht beim Namen nennen und wirtschaftlich Druck machen.

Klar ist aber auch: Nur das türkische Volk kann diesen größenwahnsinnig gewordenen Sultan auf seinem Weg zur totalen Kontrolle wirklich aufhalten. Derzeit spricht allerdings wenig dafür, dass die Menschen am Bosporus das in absehbarer Zeit tun werden. Im Gegenteil, sie folgen dem Despoten fast blind in sein ersehntes Präsidialsystem und damit in die Unfreiheit.

Um dieses Ziel zu erreichen, ist den Verantwortlichen in Ankara jedes Mittel recht. Genau deshalb will Erdogan selbst oder durch seine Vasallen in Deutschland Wahlkampf machen. Schließlich leben hier über zwei Millionen stimmberechtigte Türken. Das ist durchaus eine respektable Größe, um deren "Ja" es sich zu kämpfen lohnt.

Das kann man gut finden oder nicht. Fakt ist, nach derzeitiger Gesetzgebung ist es durchaus legal. Und deshalb gehen Forderungen nach Verboten solcher Auftritte von Ministern oder gar dem Herrn Sultan persönlich ins Leere. Wer das künftig unterbinden will, der muss Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker in Deutschland in einem Gesetz sauber regeln und nicht in Einzelfällen mal so und mal anders entscheiden. Denn das genau ist der Unterschied zwischen Deutschland und der Türkei. Wir leben in einem Rechtsstaat, und das bedeutet auch, wir klären die Dinge per Gesetz und nicht nach Gusto. Das wüste Geschrei der weitgehend gleichgeschalteten türkischen Medien müssen wir dabei ebenso aushalten, wie die giftigen, zum Teil unfreiwillig komischen Kommentare der Erdogans dieser Welt.

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