Nicht zur Belohnung

Annette Schavan kann durchatmen: Das Bundeskabinett hat gestern den Weg für sie freigemacht, Botschafterin beim Vatikan zu werden. Das ist für die frühere Bildungsministerin eine gute Nachricht, nachdem sie Amt und Würden in der Bundesregierung wegen einer Plagiatsaffäre verloren hatte.


Nun kann man immer noch trefflich darüber streiten, inwieweit der Skandal um eine 30 Jahre alte Dissertation überhaupt einer gewesen ist. Schavan selbst musste allerdings kürzlich eine gerichtliche Schlappe hinnehmen, nachdem sie gegen die Aberkennung ihres Titels geklagt hatte.
Zweifelsohne darf aber gerade ein solch umstrittener Vorgang nicht dazu führen, dass vorhandene Verdienste einer seit Jahrzehnten tätigen Politikerin völlig in Misskredit geraten - das ist auch ein Unterschied zu Karl Theodor zu Guttenberg, der bis zu seinem Plagiats-Rücktritt eine deutlich kürzere und weitaus schmalere Leistungsbilanz aufzuweisen hatte.
Schavan hat ihre Erfolge gehabt, als Bildungsministerin, aber auch als stellvertretende CDU-Vorsitzende. Dass sie nun also den Botschafterposten bekommen hat, ist aber weitaus mehr als eine nachträgliche Belohnung: Es ist auch eine angemessene Wahl.
Die 58-Jährige stand immer für einen aufgeklärten Katholizismus, als enge Vertraute von Angela Merkel und CDU-Vize hat sie die Modernisierung der Union mit vorangetrieben, vielleicht nicht ganz so brachial gewollt, wie Merkel sie am Ende ihrer Partei verordnet hat.
Schavan ist kirchentreu, aber reformbereit und kritisch, das hat sie mit Papst Franziskus gemein. Und sie ist eine Frau - auch das kann dem Heiligen Stuhl von deutscher Seite nur gut tun.
nachrichten.red@volksfreund.de

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