Proporz oder politische Köpfe?

Soll die CDU-Spitze nach der Größe der Landesverbände zusammengesetzt sein? So argumentierte sofort die Union Baden-Württembergs, kaum hatte Annette Schavan am Wochenende ihren Rückzug als Parteivize angekündigt. Und tatsächlich wären künftig wieder exakt die vier größten Gliederungen mit den meisten Mitgliedern vertreten, wenn es so käme.

Bouffier für Hessen, von der Leyen für Niedersachsen, Laschet, der dem Nordrhein-Westfalen Norbert Röttgen folgen soll, und - ja wer eigentlich? - für Schavan.
Wenn das so läuft, kann sich die CDU beim Parteitag im Dezember Wahlen sparen, dann steht alles vorher fest. Aber so sollte es nicht laufen. Nicht, dass der Job des stellvertretenden Parteivorsitzenden an sich irgendeine größere Bedeutung nach außen hätte, wie man an den Amtsinhabern sieht. Aber die Entscheidung der Partei darüber ist wichtig. Sie besagt nämlich, welche Person mit welchem politischen Programm für die Union vorne stehen soll und welche nicht. Sie ist auch eine Richtungsentscheidung. Die darf man keinem Automatismus überlassen.
Und deshalb kommen viel eher als die glücklose Südwest-CDU, der es an attraktivem Personal mangelt, Julia Klöckner aus Rheinland-Pfalz und Annegret Kramp-Karrenbauer aus dem Saarland infrage. Die eine macht gerade als Angreiferin gegen den ewigen Ministerpräsidenten Kurt Beck Furore, die andere als Klartext-Politikerin mit Regierungsverantwortung, die Tabus wie Mindestlohn und Spitzensteuersatz infrage stellt und den Sozialflügel der Partei wieder belebt.
Zwei moderne Frauen statt ein alter Proporzanspruch - mal sehen, ob Angela Merkel den Mut hat, diese Wahl zuzulassen.
nachrichten.red@volksfreund.de

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