Schäuble im Glück

Es klingt wie im Märchen: Erstmals seit mehr als vier Jahrzehnten will der Bund keine neuen Schulden mehr anhäufen und sogar beginnen, die alten Verbindlichkeiten im Umfang von unvorstellbaren 1,3 Billionen Euro zu tilgen. Doch damit nicht genug: Auch für die Wahlversprechen der Union, die sich auf etwa 28 Milliarden Euro belaufen, ist noch Luft.

Oder doch nicht?
Selbst der Koalitionspartner FDP macht aus seinen starken Zweifeln keinen Hehl. Die Bürger schon gar nicht. Wissen sie doch längst, dass Planung und Realität gerade in der Politik gehörig auseinanderklaffen. Leider wird Schäubles Zahlenwerk durch diese Diskussion unnötig entwertet. Dass der Bund tatsächlich drauf und dran ist, zumindest einen ausgeglichenen Etat vorzuweisen, geht dabei nämlich unter. Schäubles Amtsvorgänger haben sich daran die Zähne ausgebissen. Da war Hans Eichel, der vom Hans im Glück zum Schuldenminister mutierte. Ebenso Peer Steinbrück, der am Ende gar das Zeug zum Schuldenkönig hatte. Sicher: Schäubles Glück ist, dass die Konjunktur unerwartet lange in Hochstimmung ist, die Schuldzinsen historisch niedrig sind und die Arbeitslosigkeit sich auf ein vergleichsweise niedriges Niveau eingepegelt hat. Kurzum, der Staat nimmt viel ein, braucht aber relativ wenig auszugeben.
Zweifellos hätte diese Regierung noch mehr daraus machen können. Legt man allein die sprudelnden Steuereinnahmen zugrunde, dann müsste das Wort Neuverschuldung eigentlich schon länger aus dem Sprachgebrauch verschwunden sein. Und trotzdem: Hätte die Opposition in Regierungsverantwortung die gleiche Haushaltsbilanz vorzuweisen, dann würde sie sich genauso auf die Schulter klopfen wie jetzt der Kassenwart.

nachrichten.red@volksfreund.de

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