Scharfe Konturen feilen

Jahrzehntelang beherrschte die CDU im strukturell ländlich und eher konservativ geprägten Land die Politik. Bis zu jenem Tag im November 1988, als der damalige Ministerpräsident Bernhard Vogel seinen Abgang mit dem legendären "Gott schütze Rheinland-Pfalz!" würzte.

Seitdem hat sich die Union mit immer neuen internen Querelen ein Bein nach dem anderen gestellt und drückt die harten Oppositionsbänke.
Julia Klöckner, im September 2010 zur CDU-Landesvorsitzenden gewählt und seit März 2011 auch Chefin der Landtagsfraktion, hat einen gewaltigen Wandel initiiert. Seit die 39-jährige Strahlefrau die Zügel in der Hand hält, wird nicht mehr um Personen und Pöstchen gestritten.
Querköpfe wie den Eifeler Michael Billen gibt es in der CDU-Fraktion immer noch - aber keiner wagt es mehr, am Thron der Nummer eins zu rütteln. Das ist ohne Zweifel eine große Leistung der kommunikationsstarken Julia Klöckner.
Allerdings ist das nur die Grundvoraussetzung dafür, das Vertrauen des Wählers wiederzugewinnen. Der will vorwiegend wissen, für welche Inhalte eine Partei steht.
Die CDU hat zwar aufgeholt und sich mit Konzepten positioniert - sie ficht etwa für einen rigiden Sparkurs zur Sanierung der Landesfinanzen oder eine hundertprozentige Unterrichtsversorgung an den Schulen- sie hat aber trotz fleißiger Arbeit der Abgeordneten noch erheblichen Nachholbedarf.
Allzu oft laviert die einzige Oppositionspartei im Landtag zwischen den Extremen der Fundamentalkritik und dem "Angebot" des Mitmachens. Besonders deutlich wird das am Beispiel der Kommunalreform. Wo gegen die Fusion von Verbandsgemeinden protestiert wird, mischt die CDU gerne mit. Auf der anderen Seite dokumentiert sie mit Plattitüden wie "Die Treppe muss von oben gekehrt werden" Oberflächlichkeit. Ein von A bis Z durchdachtes Konzept fehlt oder wird zumindest nicht offensiv vermarktet.
Man darf Juli Klöckner zutrauen, dass sie und ihre Mitstreiter bis zur nächsten Landtagswahl 2016 noch scharfe Konturen feilen. Doch der Union stellt sich ein gravierendes Problem: Ihr fehlt eine Machtoption.
Der geborene Koalitionspartner FDP brütet im stillen außerparlamentarischen Kämmerlein. Ob er wieder auf die Beine, sprich ins Parlament, kommt, muss bezweifelt werden. Die Grünen haben sich an die SPD gekettet und sind inhaltlich in vielem von der Union so weit weg wie die Erde vom Mond.
Es bliebe als Ausweg noch eine Große Koalition - wären da nicht die großen Animositäten zwischen SPD und CDU, die Julia Klöckner mit schnippischen Bemerkungen kräftig schürt.
f.giarra@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort