Schleichende Verwerfung

Anfangs wurden sie noch verlacht. Doch mittlerweile haben sich den jungen Demonstranten mit ihrer Aktion "Besetzt die Wallstreet" in New York schon Gewerkschaften und Vereine angeschlossen, wird der Aufschrei gegen Bankenmacht und soziale Ungleichheit auch in anderen Städten der USA kopiert.


Sage keiner, eine solche Bewegung wäre in Deutschland unmöglich. Im Mutterland des Kapitalismus galt dies bis vor kurzem auch noch als unvorstellbar. Zwar ist Deutschland von den sozialen Verwerfungen jenseits des Atlantiks noch weit entfernt. Aber die Anzeichen für eine gesellschaftliche Spaltung mehren sich. Und sie sind unbestreitbar. Der Wert des jüngsten Sozialberichts von Statistikexperten und Soziologen besteht ja gerade darin, dass er sich keiner Parteienmeinung verpflichtet fühlt, sondern Zahlen und Daten nüchtern bewertet.
Umso mehr muss es zu denken geben, dass die Einkommensschere immer weiter auseinandergeht und sich die einen kaum noch ein ordentliches Essen leisten können, während andere der Gedanke umtreibt, das eigene Millionenvermögen vor dem Fiskus zu "retten".
Schon vor Jahren gingen viele Menschen gegen die Hartz-IV-Gesetze auf die Straße. Damals dachte freilich noch keiner an die Rettung von Banken, ja ganzer Staaten.
Genau das treibt die gefühlte Ungerechtigkeit nun auf die Spitze. Denn im Vergleich zu den milliardenschweren Hilfspaketen für die internationale Finanzwirtschaft wirkt das monatelange Gefeilsche um ein paar Cent mehr oder weniger beim Arbeitslosengeld II völlig absurd.
Die Politik darf den gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht aus den Augen verlieren. Der aktuelle Sozialbericht ist dafür eine eindrückliche Mahnung.

nachrichten.red@volksfreund.de

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