Kommentar Zur Sexualstraftat in Edenkoben Eine Sexualstraftat, die wohl absehbar war – und keiner will etwas falsch gemacht haben

In Edenkoben soll ein mehrfach verurteilter Sexualstraftäter ein Mädchen missbraucht haben. Warum die Aussagen der Ermittler wütend machen und wieso die Politik handeln muss.

 Pressekonferenz zum Fall der missbrauchten Zehnjährigen: Es informierten (von links) Alexander Welter, Kriminaldirektor Polizeipräsidium Rheinpfalz, Leitende Oberstaatsanwältin Angelika Möhlig, der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Rheinpfalz, Andreas Sarter, und der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber.

Pressekonferenz zum Fall der missbrauchten Zehnjährigen: Es informierten (von links) Alexander Welter, Kriminaldirektor Polizeipräsidium Rheinpfalz, Leitende Oberstaatsanwältin Angelika Möhlig, der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Rheinpfalz, Andreas Sarter, und der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Ist die Post mitschuldig daran, dass ein Mädchen in Edenkoben entführt und missbraucht worden ist? Wer die Aussagen der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Politiker zu dem schrecklichen Fall hört, würde sich zumindest nicht mehr wundern, wenn dies auch noch ins Gespräch kommt. Ich gebe zu: Der Fall ist zu ernst, um dies zu ironisch zu betrachten. Aber es ist verständlich, dass es zu Unverständnis und Wut kommt, nachdem die Umstände der Tat bekannt geworden sind. Und es ist unfassbar, wenn nun alle nur sagen, sie hätten alles richtig gemacht. Was rein formal richtig ist, ist in diesem Fall eben noch lange nicht ausreichend gewesen.

Der mutmaßliche Täter: Ein vorbestrafter Sexualstraftäter, der unter anderem wegen dieser Taten mehrere Jahre im Gefängnis saß.

Die Schuldzuweisung: Selten wohl kritisierte ein Leitender Oberstaatsanwalt so deutlich ein Urteil. Mit einer Sicherungsverwahrung wäre der mutmaßliche Täter noch in Gewahrsam gewesen und die Tat so verhindert worden, sagte Hubert Ströber bei einer Pressekonferenz.

Doch wie so oft ist im Nachhinein manches klarer. Und noch deutlicher sollten die Details in diesem Fall in den Blick genommen werden. Gerade die Wochen und Tage vor der Tat: Der Beschuldigte hat sich unter Anderem geweigert, Fußfesseln anzulegen. Eine Weigerung, die übrigens – wie nun erst deutlich und kritisiert wird – nicht automatisch zu einer Festnahme führt. Ob der Druck auf den Verdächtigen, ohne wirklich schnell handeln zu können, die Gefahr einer Straftat nicht sogar noch erhöht hat? Das ist zumindest nicht auszuschließen und hier ist die Kritik der Deutschen Polizeigewerkschaft absolut berechtigt. Was absolut unverständlich ist: Ein Haftbefehl war bereits beantragt, aber noch nicht erlassen worden, weil dies auf dem Postweg erfolgen musste. Wie sehr die Bürokratie das Handeln hier hinderte, ist schlichtweg ein Skandal. Hier muss sofort angesetzt werden.

Was aber ebenso unglaublich ist: Der Sprecher der Deutschen Polizeigewerkschaft führte als Beispiel dafür, wie schwierig es sei, die Präventivhaft durchzusetzen, die Klimakleber an. Ich bin beileibe kein Freund der Aktionen der Letzten Generation. Aber bestenfalls ist dieser Vergleich zwischen Klimaklebern und Sexualstraftätern als instinktlos zu bezeichnen. Schlimmstenfalls wird hier bewusst vermengt und polemisch agiert.

Aber fernab dieser Debatte ist für mich eines klar: Es muss immer möglich sein, bei der Gefahr schwerer Straftaten sofort tätig zu werden. Dass die Rückfall-Gefahr bei Straftätern falsch beurteilt wird, kann leider passieren – so verächtlich dies klingen mag. Und natürlich ist es eine berechtigte Forderung, dass schon bei geringem Risiko eher für die Sicherheit aller entschieden wird. Aber: Dass es deutliche Hinweise auf die Gefahren gibt und ein Sexualstraftäter dann aus formalen Gründen noch länger auf freiem Fuß ist, ist schlichtweg ein Skandal. Und wenn die Polizei sich danach fast noch brüstet, dieser sei aufgrund der engmaschigen Überwachung schon eine halbe Stunde nach der Tat festgenommen worden, fehlen einem schlichtweg die Worte.

t.roth@volksfreund.de

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