Sicherheit geht vor

Der Plan der Bahn, bei der Videoüberwachung von Bahnhöfen aufzurüsten, entspricht einem weit verbreiteten Verlangen nach Sicherheit. Dieses Bedürfnis wächst umso mehr, desto beunruhigender die Schlagzeilen sind.

So, wie im Moment: Am Flughafen in Frankfurt gibt es erhebliche Sicherheitsmängel, in Berlin wird das berühmte KaDeWe am helllichten Tage und mitten im Weihnachtstrubel überfallen, in Frankreich rast ein Fanatiker mal eben in Fußgänger. Um nur einige Beispiele der vergangenen Tage zu nennen. Die schlechten Nachrichten kommen wieder geballt. Zumindest gefühlt.
Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Das ist ein Allgemeinplatz, sicherlich, aber er ist wahr. Auch nicht durch mehr Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen, in Parks oder eben an Bahnsteigen. Wer verrückt genug ist, im Wahn eine Bombe in einer überfüllten Bahnhofshalle zünden oder in einem Kaufhaus Amok laufen zu wollen, wird sich nicht von Kameras aufhalten lassen. Bei anderen Gewalttaten, bei denen Menschen die Sicherungen durchknallen, ist es ähnlich.
Obwohl die abschreckende Wirkung also umstritten ist, ist es trotzdem richtig, was die Bahn vorhat - die Bürger wollen nicht nur präventiven Schutz, sondern auch den Staat nach Straftaten als handlungsfähig erleben. Das gehört zum berechtigten Sicherheitsbedürfnis der Menschen dazu. Zumal die Behörden inzwischen oft die Segel streichen müssen bei der Verfolgung von Kriminellen. Man denke nur daran, wie rasant die Zahl der Einbrüche von Jahr zu Jahr steigt.
Durch Videoüberwachung können Täter grundsätzlich leichter gefasst werden. Das haben in den vergangenen Jahren immer wieder brutale Übergriffe in U-Bahnen in Berlin oder München gezeigt, als nach Auswertung der Bilder die Polizei den Schlägern auf die Spur kam. Wobei insbesondere für die Bahn auch gelten muss: Videoüberwachung kann nicht das Personal an den Bahnhöfen ersetzen. Wer mehr Schutz für Passagiere will, muss zugleich personell nachlegen. Sicherheit ist nicht allein die Aufgabe der Bundespolizei. Und wenn das Unternehmen nur bei 240 der knapp 5400 Bahnhöfe kameratechnisch aufrüsten will, zeigt dies, wo die Bahn ihre Schwerpunkte legt - wie so oft mit Sicherheit nicht in der Provinz. Die Bahnhöfe dort behandelt der Konzern sowieso gerne wie ungeliebte Stiefkinder.
Datenschützer werden nun vor allem deshalb hellhörig werden, weil das Unternehmen die Aufnahmen bis zu drei Tage speichern will. Ja, was sonst? Videoüberwachung verlangt nach Speicherung. Bilder, die nicht gespeichert werden, sind unnütz. Deswegen gilt: Wägt man zwischen Einschränkung der Freiheitsrechte von Reisenden und dem Nutzen für die Sicherheit ab, kann man nur für eine klar geregelte Videoüberwachung sein.

nachrichten.red@volksfreund.de

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