Sieger und Verlierer

Eines muss man schon festhalten, bei aller Kritik an einzelnen Beschlüssen: Was die schwarz-rote Koalition bei ihrem Energiegipfel auf den Weg gebracht hat, ist umfassend, weitreichend - und wird teuer werden für die Steuerzahler und Stromkunden. Ob die Beschlüsse am Ende auch tauglich sind, die Energiewende deutlich voranzubringen und die ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen, muss sich erweisen.

Die Widerstände sind jedenfalls groß.
Das Spitzentreffen der Parteichefs hat zudem gezeigt: Politisch handlungsfähig ist das Bündnis immer noch. Wenn es sich Mühe gibt.
Horst Seehofer kann sich als Sieger auf breiter Front fühlen. Seine Querschüsse, die er immer mit seiner Verpflichtung gegenüber Bayern begründet, haben die Energiepolitik der Koalition in den letzten Monaten nicht nur chaotisch wirken lassen. Seehofer hat das Bündnis auch herausgefordert, es angetrieben, bei der lahmenden Energiewende nach guten Kompromissen zu suchen. Recht machen kann man es sowieso nie allen, der Industrie nicht, den Umweltschützern nicht, den Lobbyisten nicht. Was politisch und ideologisch nicht passt, kann an dieser Stelle eben nicht für alle zufriedenstellend passend gemacht werden.
Jetzt hat der Bajuware das bestmögliche Ergebnis für den Freistaat und darüber hinaus erzielt. Monstertrassen wird es nicht geben. Stattdessen wird so viel wie möglich der Bestand genutzt und unter die Erde verlegt. Nur - zu welchem Preis? Technisch ist das alles noch sehr unausgegoren, und die Kosten allein dafür werden immens sein. Aber: Das ist Bürgerwille gewesen, größtenteils zumindest. Da liegt Seehofer richtig. Dann müssen die Bürger auch die Konsequenzen tragen. Eine Energiewende zum Nulltarif gibt es nicht.
Sigmar Gabriel hingegen ist der Verlierer. Er hatte auf die Kohleabgabe gesetzt und damit den Konflikt mit den betroffenen Bundesländern gesucht, mit weiten Teilen der Gewerkschaften und der eigenen Partei. Er hat den Kürzeren gezogen, die Strafzahlung ist vom Tisch. Der Druck der Gegner war zu groß - ihr Argument, dass Tausende Arbeitsplätze im Kohlebereich dann auf dem Spiel stünden, war nicht wegzuwischen. Auch hier gilt: Ob die neuen Alternativbeschlüsse den Klimaschutz ähnlich voranbringen werden, wie dies durch die Abgabe geschehen wäre, muss abgewartet werden. Man kann Gabriel ein Einknicken vor der Kohlelobby vorwerfen. Man kann aber auch genauso gut sagen, der Versuch, Arbeitsplatzsicherheit und Umweltschutz doch lieber verträglich miteinander zu verbinden, ist der vernünftigere Weg. Darauf hätte der Vizekanzler früher kommen können.
Auch nach dem Gipfel bleibt die Energiewende ein Lernprozess. Die Politik kann nur versuchen, gute Vorgaben zu setzen. Die Koalition ist von ihren Beschlüssen überzeugt. Planung und Umsetzung werden zeigen, ob sie recht behalten wird.

nachrichten.red@volksfreund.de

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