Statistik und ihre Konsequenzen

Vielleicht war es das neue Elterngeld, vielleicht auch nur der warme WM-Sommer 2006. Jedenfalls ist die Zahl der Geburten in Deutschland im letzten Jahr erstmals seit einer Dekade wieder angestiegen. Das ist die erfreuliche Nachricht.

Die weniger erfreuliche lautet, dass Deutschland trotzdem ein Schrumpfland bleibt. Die Zahl der Geburten pro Frau, der einzig aussagekräftige Maßstab, verharrt unter 1,4. Weit weniger also als nötig ist, um die Reproduktion der Bevölkerung sicherzustellen. Und die einstige Einwanderungsflut ist längst zum Rinnsal geworden, mit einem Plus von nur noch 44 000. Unter dem Strich verliert Deutschland durch den Sterbeüberschuss in jedem Jahr eine Großstadt mit 100 000 Einwohnern, mit sich beschleunigender Tendenz. Denn all die Kinder, die in den letzten Jahren nicht geboren wurden, können eben auch keine Kinder kriegen.

Das Umsteuern, das mit Krippenausbau, Ganztagsschulen und Elterngeld begonnen hat, kommt zu spät. Wirkung wird es frühestens in einer Generation zeigen, und auch das nur, wenn die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter konsequent gefördert wird. Bis dahin, und das ist die politische Konsequenz der Bevölkerungsstatistik, wird Deutschland sich den Zuwanderern gegenüber offener zeigen müssen als bisher, wenn es seine demografischen Probleme, vom Fachkräftemangel bis zur Finanzierung der Sozialsysteme, nicht noch größer machen will. Zum Beispiel durch ein Punktesystem für eine geregelte Einwanderung. Wer immer noch ruft, das Boot sei voll, der kann nicht zählen.

nachrichten.red@volksfreund.de

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