Strategisch nichts Neues

Was ist strategisch neu an dem, was die Regierung gestern präsentiert hat und worüber Bundeskanzlerin Angela Merkel heute im Bundestag sprechen wird? Nichts. Die neue Afghanistan-Strategie der Bundesregierung lässt sich vielmehr auf einen einfachen Nenner bringen: Sie mutet an wie die alte - also zusätzliche Soldaten und zusätzliches Geld.

Das ist ideenlos. Seitdem sich Deutschland am Hindukusch engagiert, wird politisch so verfahren. Ein überzeugendes Konzept ist das in Wahrheit aber nicht, wie die Entwicklung der vergangenen acht Jahre belegt: Die Lage in Afghanistan hat sich deutlich verschärft, immer noch herrschen Gewalt und Elend, und die Taliban sind wieder auf dem Vormarsch.

Gewiss, die Bundesregierung ist in einer kniffligen Situation. Die internationalen Verbündeten erwarten ein deutlich größeres, militärisches Engagement und dürften daher eher verärgert sein über das, was aus Berlin mit nach London gebracht werden wird. Und die Deutschen wollen auf der anderen Seite am liebsten schnell raus aus Afghanistan. Um diesen politischen Spagat einigermaßen meistern zu können, verfahren Merkel, Westerwelle und Guttenberg getreu dem Motto: für jeden etwas. 500 Soldaten mehr, um den USA zu zeigen: Wir leisten auch militärisch mehr; zusätzliche Millionen für den zivilen Aufbau, um den Bürgern zu signalisieren: Unsere Hilfe bleibt dringend erforderlich. Die Rechnung ist einfach, nur ist sie eben in der Vergangenheit so nicht aufgegangen. Das Land ist weder stabiler noch sicherer geworden.

Inzwischen rächt sich die verspätete Einflussnahme auf die Ausgestaltung des politischen Prozesses in Afghanistan, die zu starke Ausrichtung auf eine Einzelperson namens Karsai. Nach wie vor ist überdies der Drogenschmuggel ein zentraler Faktor der Instabilität und eine wichtige Finanzierungsbasis der Taliban. Die internationalen Akteure haben bis heute keinen Weg gefunden, die Opiumproduktion so zu bekämpfen, dass den betroffenen Bauern legale Einkommensmöglichkeiten eröffnet werden.

Der Hindukusch kann nur dann befriedet werden, wenn die staatlichen Strukturen auch funktionieren, wenn die Verantwortlichen vor Ort stärker für die Entwicklung ihres eigenen Landes in die Pflicht genommen werden - notfalls mit finanziellem Druck. Ein solches Vorgehen hat die Regierung bislang weitgehend vermieden, und in ihrem neuen Konzept ist dieser Ansatz auch nicht wirklich zu erkennen. In London muss konzeptionell nachgearbeitet werden. Zudem ist es ein Fehler, dass abseits der militärischen Komponenten die Afghanistan-Hilfe nicht zentral gebündelt wird, sondern auf mehrere Ministerien verteilt bleibt.

nachrichten.red@volksfreund.de

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