Stunde der Hardliner

Die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Kurden und Salafisten auf deutschen Straßen sind nicht zu tolerieren. Protest gegen die Kurden-Politik der westlichen Staaten und der Türkei ja, aber nur friedlich.

Genauso wenig akzeptabel ist die Verherrlichung einer Terrormiliz, die barbarisch gegen jedermann vorgeht. Und die keinerlei Menschenrechte zu kennen scheint.
Von einem Stellvertreterkrieg wird nun schon im politischen Berlin gesprochen, seitdem in Hamburg und Celle aufeinander eingeprügelt worden ist. Doch gemach. Soweit ist es noch lange nicht. Man kann die brutalen Ausläufer internationaler Konflikte mit populistischen Worten auch herbeireden. In weit mehr Städten wurde bislang friedlich demonstriert. Hoffentlich bleibt das so. Das bedeutet gleichwohl nicht, dass es keine Gefahren durch die wachsende Radikalisierung einer islamistischen Szene in Deutschland gibt. Immerhin sind 450 Menschen von hier aus schon in den Dschihad gezogen. Die Dunkelziffer liegt vermutlich weitaus höher. Einige davon werden zurückkommen. Kampferprobt, noch stärker ideologisiert, vielleicht zu allem bereit. Und keine Frage, es gibt viele politische Versäumnisse, die die Radikalisierung junger Menschen nach wie vor befördern - Perspektivlosigkeit, Ablehnung, Parallelgesellschaften, die zum Tummelplatz für religiös Irrgeleitete geworden sind. Das kommt in der ganzen Debatte leider viel zu kurz. Trotzdem: Die Sicherheitsbehörden sind augenscheinlich in der Lage, auf die Entwicklungen durch den IS-Konflikt zu reagieren. Das zeigt beispielsweise die Zahl der Ermittlungsverfahren, die seit dem Verbot der Terrormiliz in Deutschland vor wenigen Wochen eingeleitet wurden. Sie geht in die Hunderte. Darüber hinaus ist es in der Vergangenheit mehrfach gelungen, Anschläge hierzulande zu verhindern. Schon vergessen? Dieses Land ist nicht wehrlos, auch wenn es aus Sicht vieler Islamisten wertelos ist. Vielmehr muss geltendes Recht endlich konsequent angewendet und umgesetzt werden. Das geht allerdings nur, wenn Polizei und Dienste personell und materiell entsprechend ausgestattet sind. Daran hapert es häufig mehr als an den rechtlichen Möglichkeiten für die Behörden.
Der Eindruck drängt sich somit auf, dass jetzt auch die Hardliner ihre Stunde kommen sehen. Wie immer, wenn Deutschland sicherheitspolitisch aus der Komfortzone raus muss und ins Fadenkreuz gerät. Der Vergleich des IS-Terrors mit dem Terror der Roten Armee Fraktion in den 70er Jahren und mit den Bedrohungen nach dem 11. September 2001, der gestern in Berlin seitens der Union vorgenommen wurde, belegt, dass die schwarzen Sheriffs auf dem Vormarsch sind. Doch vergessen werden darf nicht - die Forderung nach immer schärferen Gesetzen ist auch ein Zeichen von besonderer Hilflosigkeit. Sorgfalt bleibt deshalb oberstes Gebot.
nachrichten. red@volksfreund.de

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