Tauwetter

Eine Woche lang ist Barack Obama im Amt - und schon prägt Tauwetter die zuletzt arg belasteten Beziehungen zwischen Moskau und Washington. Dass der Kreml nun die Möglichkeit in Aussicht stellt, auf die Stationierung eigener Kurzstreckenraketen in der Nähe zu Polen zu verzichten, verfolgt ein klares strategisches Ziel: Die Errichtung des ungeliebten und noch von George W. Bush beschlossenen US-Raketenabwehrschildes zu verhindern.



Russland ist dabei bereits einen wichtigen Schritt weitergekommen, denn das umstrittene Projekt gehört zu jenen Altlasten der Ära Bush, die Barack Obama derzeit auf den Prüfstand stellt. Obama öffnete damit die Tür für die Moskauer Erklärung - und für die Option der Russen, sich einer eigenen Maßnahme zu entledigen, die militärstrategisch keinerlei Sinn hat. Dies könnte letztlich auch für den US-Abwehrschild gelten, wenn es Obama, Clinton & Co. gelingt, durch die angekündigte "neue Ära der Diplomatie" und durch das Konzept der sogenannten "soft power" (sanften Gewalt) politische Ziele im Umgang mit dem Iran oder Nordkorea durchzusetzen. Ob sich jedoch gerade Teheran bei seinen nuklearen Ambitionen beinflussen lässt, erscheint trotz des positiven Obama-Faktors fraglich. Denn an den Mullahs haben sich bereits die erfahrensten Verhandler der EU die Zähne ausgebissen - und die waren ebenfalls keine "Falken". Entscheidend könnte nun sein, ob die Verständigungsbemühungen zwischen Washington und Moskau so weit reichen, dass sich der Kreml letztlich entschließt, seinen vorhandenen Einfluss auf Teheran im Sinne einer weiteren globalen Entspannungspolitik zu nutzen.

nachrichten.red@volksfreund.de

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