Überwiesen und verkauft

Spätestens seit der ärztlichen Honorarreform wissen wir, dass die allermeisten niedergelassenen Mediziner nicht ganz so arm dran sind, wie ihre Standesvertreter immer behauptet hatten. Nun wird publik, dass mancher Arzt noch eine zusätzliche Geldquelle nutzt, die nicht nur juristische, sondern auch moralische Fragen aufwirft.

Glaubt man der Ärztekammer, dann geht es bei fast jeder dritten Klinik-Einweisung nicht mit rechten Dingen zu. Bislang waren Patienten der naiven Auffassung, ihre Überweisung in ein bestimmtes Krankenhaus geschehe aus rein medizinischen Erwägungen. Dass es auch darum geht, wie viel ein Arzt für diese "Leistung" kassiert, muss für viele ein Schock sein.

Das größte Kapital der Mediziner ist neben ihren fachlichen Fähigkeiten das Vertrauen, das ihnen die Patienten entgegenbringen. Doch wer kann noch echtes Vertrauen haben, wenn er weiß, dass sein Klinikaufenthalt vielleicht eher der wundersamen Geldvermehrung eines anderen dient anstatt seiner persönlichen Gesundheit? Und auch wenn die Behandlung dort nicht schlechter ist, macht es die Sache keineswegs besser. Ärzteschaft und Kliniklobby beschimpfen sich nun wechselseitig für ihr moralisches Versagen. Wie kleinkariert!

Beide Seiten müssen schleunigst über ihren Schatten springen und hart gegen derlei Praktiken vorgehen. Für den Patienten ist es nämlich kein Unterschied, ob der Arzt eine "Kopfprämie" verlangt oder ob sie ihm "aufgedrängt" wird. Schon aus ärztlichem Eigeninteresse sollte die Sache rasch geklärt werden. Sonst verliert ein ganzer Berufsstand seine Glaubwürdigkeit. Für die große Mehrheit der Ärzte, die sich redlich um ihre Patienten kümmern, wäre das fatal.

nachrichten.red@volksfreund.de

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