Rund 500 000 Klinikpatienten infizieren sich jedes Jahr mit Keimen. Keime, die überall lauern: am Bett, an Lichtschaltern, Türgriffen. Keime, wie sie Patienten und Krankenhauspersonal verbreiten - durch mangelnde Hygiene, wenn sie sich etwa nicht die Hände waschen und desinfizieren. Ausgerechnet in Kliniken, wo Schwerstkranke behandelt werden, scheint ausreichende Hygiene keine Selbstverständlichkeit zu sein. Es ist nur schwer zu verstehen, dass es noch immer Kampagnen braucht, in denen beim Personal fürs Händewaschen geworben wird. Das liegt an der unzureichenden Ausbildung und am mangelnden Bewusstsein. Das liegt aber auch am zunehmenden Personalmangel und an der damit zusammenhängenden Arbeitsüberlastung von Ärzten und Pflegern. Permanenter Zeitdruck führt zu der für einige Patienten tödlichen Nachlässigkeit. Es ist erstaunlich dass die Bundesregierung als Reaktion auf die Tragödie von Mainz erst jetzt bundesweit einheitliche Hygiene-standards einführen will. Die Vorschriften dazu gibt es seit über zehn Jahren. Doch ihre Umsetzung kostet Geld, Geld das die Kliniken nicht ausgeben wollen. In vielen Häusern - auch in der Region - gibt es noch immer keine oder zu wenige speziell ausgebildete Fachkräfte.

Aber auch bei der Behandlung von bakteriellen Erkrankungen muss ein Umdenken stattfinden. Es kann nicht sein, dass Antibiotika mittlerweile wie Lutschbonbons geschluckt werden. Noch immer wird das Mittel zu leichtfertig verordnet. Immer mehr Keime passen sich dem Medikament, das sie bekämpfen soll, an. Sie werden resistent dagegen und können sich so ungehindert verbreiten. Diese resistenten Keime, gegen die es keine Abwehr mehr gibt, machen mittlerweile allen Krankenhäusern zu schaffen. Daher sind die Todesfälle von Mainz trotz der Tragik nicht wirklich überraschend - jedes Jahr sterben Tausende von Patienten an Krankenhausinfektionen.

. b.wientjes@volksfreund.de