... und tschüss, Herr Köhler

Horst Köhler hat sich vom Stabsmusikkorps der Bundeswehr den "St. Louis Blues" gewünscht und gestern Abend beim Zapfenstreich auch bekommen. Anders als die politische Klasse, inklusive Kanzlerin und Vizekanzler, die der Zeremonie beiwohnte, den Abschiedsblues aber nicht hat.

Sie denkt sich: weg mit Schaden. Köhler, so der Vorwurf, hat sich zu ihren Lasten beim Volk zu profilieren versucht. Hat sich über den schwierigen Alltag der Entscheidungsträger erhoben, um selbst glänzend dazustehen. Aber auch beim Volk dürfte sich der Schmerz in Grenzen halten. Denn hätte sich dieser Präsident den Massen wirklich verbunden gefühlt, dann hätte er jetzt in der großen Krise erst recht das Wort erhoben gegen eine unfähige Regierung der Streithanseln, gegen ungerechte Sozial- und Steuerpolitik und gegen die Feigheit vor den Finanzmärkten. Stattdessen hat Köhler bei erstbester Gelegenheit den Bettel hingeworfen - aus eitler Dünnhäutigkeit.

Es soll einer lieber nicht Koch werden, wenn es ihm in Küchen zu warm ist, nicht Matrose, wenn er das Schaukeln nicht verträgt. Horst Köhler hatte ein paar gute Stunden mit ein paar guten Reden. Afrika, Integration, Finanzmärkte. Da war er bei sich und, dank guter Zuarbeit, auch bei seinem Publikum. Unter dem Strich aber war er, ganz sicher in der zweiten Amtszeit, als Bundespräsident ein Missverständnis. Seitens derer, die ihn ernannten, Merkel und Westerwelle, seitens derer, die ihn akzeptierten, die meisten Bundesbürger, und wohl auch seitens seiner selbst. Tschüss.

nachrichten.red@volksfreund.de

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