Verschämte Kopie

Bei der SPD soll offenbar nichts mehr an die Agenda 2010 von Gerhard Schröder erinnern. Zunächst wurde die Verkürzung des Arbeitslosengeldes I entsorgt. Doch die Genossen blieben in der Krise.

Nun setzt Kurt Beck eins drauf: Mit der Verlängerung der staatlich geförderten Altersteilzeit und einer Stärkung der bislang kaum beachteten Teilrente soll sich die Generation "57 plus" wieder für die angeschlagene Partei begeistern. Und dem Rest der Bevölkerung wird signalisiert: Die Rente mit 67 ist gar nicht so schlimm, wie ihr befürchtet. Dass die SPD der politische Initiator einer verlängerten Lebensarbeitszeit war, kümmert Beck herzlich wenig. Ob sich die Bürger davon blenden lassen, ist allerdings zweifelhaft.

Die Altersteilzeit wurde erfunden, als die Arbeitslosigkeit sehr hoch war und die Zahl der jungen Arbeitsuchenden auch. Ältere sollten mit Hilfe staatlich bezuschusster Löhne in den Ruhestand gleiten und ihren Arbeitsplatz für Jüngere oder Arbeitslose frei machen. In der Praxis entledigten sich die Betriebe auf Kosten der Allgemeinheit ihrer älteren Belegschaft, ohne dass es für die jüngere Generation zu entscheidenden Verbesserungen kam. Mittlerweile hat sich das Bild gewandelt. Viele Unternehmen suchen händeringend nach Fachpersonal. Und auch der Anteil Älterer in den Firmen ist wieder spürbar gestiegen. Spätestens damit hat sich die geltende Altersteilzeitregelung erübrigt. Wohlgemerkt: Es gibt zweifellos Berufe, in denen die körperliche Arbeitsbelastung kaum mit dem regulären Rentenalter vereinbar ist. Nur, warum soll dafür weiter die Arbeitsagentur mit Beitragsgeldern aufkommen? So vermessen sind nicht einmal die Gewerkschaften. Die IG Metall will die Ende 2009 auslaufenden Bestimmungen durch tarifliche Vereinbarungen ersetzen. Das ist sicher ein vernünftiger Weg.

Die SPD jedoch handelt nicht nur populistisch. Ihre Ideen sind auch in sich widersprüchlich. Über die Altersteilzeit will sie frei werdende Stellen nur mit jungen Leuten besetzen. Andererseits will sie alle Hinzuverdienstgrenzen bei der Teilrente abschaffen. Genau das könnte aber dazu führen, dass sich Ältere in dieser attraktiven Kombination einrichten und Jüngeren damit der Zugang zu den Jobs erschwert wird. Aber vielleicht kommt alles ganz anders. Denn der Arbeitgeber soll für die aus dem Teilrentenbezug resultierenden Abschläge bei der späteren Vollrente aufkommen. Ein teures Geschäft für den Unternehmer. Da könnte er es auch ganz lassen.

Mit ihren neuen Plänen zur Beglückung der älteren Generation untergraben die Sozialdemokaten ihre eigene Argumentation über die demografische Notwendigkeit der Rente mit 67. Und sie erwecken den Anschein, wieder einmal der Linkspartei hinterherzulaufen. Die sagt ganz einfach, weg mit Agenda 2010 und Rente mit 67. Das ist zweifellos noch populistischer, aber klar zu verstehen. Warum also die verschämte Kopie bevorzugen?

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