Verzicht ohne Perspektive

Trotz Finanznot wollen die Kommunen der Region nicht an der Gebührenschraube drehen. Der Grund dafür ist nicht Bürgerfreundlichkeit, sondern die Tatsache, dass mit Gebühren kein Haushalt saniert werden kann.

Denn nach dem Kostendeckungsprinzip dürfen sie nur erhöht werden, wenn die Kosten steigen, und dann nur so weit, dass diese Kosten gedeckt sind. Auch höhere Eintrittspreise für defizitätere Einrichtungen wie Schwimmbäder oder Theater bringen wenig. Denn niemand muss ins Theater oder ins Schwimmbad gehen, so dass Preiserhöhungen nur zu geringerer Nachfrage führen. Die Einnahmen und Defizite wären unverändert.

Bleiben die Steuern: Die Städte und Gemeinden tun gut daran, auch bei Gewerbe- und Grundsteuer Ruhe zu bewahren. Denn ausgerechnet in Zeiten der Krise eine Erhöhung zu erwägen, wäre kontraproduktiv. Ja, in einer Situation, in der die Bundesregierung Steuern senkt, um die Wirtschaft anzukurbeln, und dadurch auch Kommunen zusätzlich belastet, wäre es absurd, wenn die Gemeinden im Gegenzug ihre Betriebe stärker zur Kasse bitten.

So richtig der kurzfristige Verzicht der Kommunen ist, so düster ist die langfristige Perspektive: Wenn sich am Finanzsystem nichts ändert, werden die Eintrittspreise für Schwimmbad oder Theater zwar nicht höher, die Einrichtungen aber wird es irgendwann nicht mehr geben. Auch eine flächendeckende Versorgung mit Grundschulen wäre passé, ganz zu schweigen von Zuschüssen für Stadtfeste oder Kulturereignisse.

Das Problem ist nicht neu: Seit Jahren gibt es Verbesserungen bei Kinderbetreuung oder Sozial leistungen. Die Gesetze werden in Mainz oder Berlin gemacht, die Lasten müssen die Kommunen tragen, ohne dass ihnen ausreichend Geld zur Verfügung gestellt würde.

Wenn nun krisenbedingt und verschärft durch Steuersenkungen die Einnahmen wegbrechen, wird die Situation ausweglos.

Alle wollen, dass Kommunen gute Infrastruktur liefern und zur Stützung der heimischen Betriebe investieren. Dafür müssen sie genug Geld haben. Dies geht aber nur mit einer Neuverteilung der Einnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und einer konsequenten Umsetzung des Konnexitätsprinzips, gemäß dem das Land oder der Bund, wenn sie durch Gesetze zusätzliche Kosten bei den Kommunen verursachen, auch das Geld dafür bereitstellen müssen. Ohne diese Schritte wird die kommunale Selbstverwaltung zur Farce.



l.ross@volksfreund.de

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