Von einer Sackgasse in die nächste

Nein, es geht nicht darum, dass alles bleiben muss, wie es ist. Es geht auch nicht um lokale Empfindlichkeiten oder die Bockbeinigkeit einiger Bürgermeister und Verbandsgemeinderäte.

Es geht auch nicht um Entfernungen und Verwaltungssitze oder Uneinsichtigkeit vor Ort.
Bei dem vielstimmigen Protestchor, der sich nicht erst nach der gestrigen Vorlage des Innenministers zum Thema Kommunalreform erhoben hat, geht es um grundsätzliche Dinge.
Zählt man die Landesregierung einmal mit, gibt es in Rheinland-Pfalz fünf Verwaltungsebenen. Brauchen wir die wirklich - oder ist nicht mindestens eine davon verzichtbar? Wie viel Verwaltung brauchen wir unbedingt und wie viel können und sollten wir uns überhaupt noch leisten? Verwalten wir uns nicht längst zu Tode? Wie viele Doppelzuständigkeiten gibt es? Sind die Aufgaben richtig verteilt? Was muss eine moderne Verwaltung im Internetzeitalter können und wie muss sie organisiert sein? Es muss doch darum gehen, Verwaltung intelligent zu organisieren. Wie viel Mainzer Zentralregierung ist nötig und wie viel Entscheidungsfreiheit vor Ort möglich? Welche Aufgaben haben die einzelnen Verwaltungsebenen? Welche davon sind überflüssig und welche ließen sich sinnvoll zusammenfassen? Wie machen wir Verwaltungshandeln und Verwaltungsorgane in diesem Land zukunftsfähig? Brauchen wir wirklich fast 600 Ortsgemeinden in der Region Trier? Und all die Ministerien in Mainz? Oder aufgeblähte Apparate wie die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier? Wohin soll die Reise überhaupt gehen?
Diese Fragen sind im Rahmen der sogenannten Kommunalreform nicht einmal ansatzweise beantwortet, sondern komplett ausgeblendet. Das heißt, es fehlt nach wie vor jegliche Grundlage für durchdachtes Handeln und Regieren in diesen zentralen Bereichen. Es geht nämlich keineswegs um Einwohnerzahlen und
Quadratkilometer, um ein paar Verbandsgemeinden mehr oder weniger, sondern es geht um nichts Geringeres als die zentrale Frage: Wie organisieren wir unser Gemeinwesen, unser aller Zusammenleben? Statt umfassender Analyse und sinnvoller Vorgehensweise von oben nach unten hat die Landesregierung sich wahllos eine Verwaltungsebene herausgegriffen und ein Gutachten in Auftrag gegeben mit einem klaren Auftrag: Die Zahl der Verbandsgemeinden muss schrumpfen.
Sieht so eine intelligente Reform aus? Wohl kaum. Das war Flickschusterei von Anfang an, und so wird es nach 2014, wenn die Kreise dran sind, weitergehen. Zumal sich die Landesregierung im laufenden Verfahren noch nicht einmal an ihre eigenen Vorgaben gehalten hat. Die groß angekündigte Bürgerbeteiligung erschöpfte sich in einer Alibiveranstaltung ganz zu Anfang des Prozesses - und damit war auch schon Schluss mit der viel gerühmten Basisdemokratie. Seitdem stellt Mainz die Ohren auch für gute und nachvollziehbare Argumente auf Durchzug. Warum dürfen zum Beispiel die Dörfer an der Oberen Kyll nicht nach Prüm ziehen, obwohl die überwältigende Mehrheit der Bürger das will? Nein, sie müssen zwangsweise nach Hillesheim, mit dem vagen Versprechen, nach 2014 noch einmal darüber zu reden. Warum bleibt die Zukunft der Verbandsgemeinden Kell, Kelberg, Thalfang und Speicher offen? Warum trifft die Landesregierung keine klare Entscheidung, vertröstet stattdessen und hält die Menschen hin? Das sorgt nicht nur für Ärger vor Ort, sondern kostet auch unnötiges Geld und nährt womöglich falsche Hoffnungen. Warum durfte Trittenheim schon vor mehr als einem Jahr den Kreis wechseln, und warum blieb und bleibt anderen Gemeinden, deren Bürger das wollen, diese Möglichkeit auch jetzt versagt?
Was ist das alles für eine Flickschusterei? Sieht so kluge Politik im Interesse des Landes und seiner Bürger aus?
Wohl kaum. Diese Regierung hat sich bei der Neuordnung der Verwaltung total verfranst, schleudert von einer Sackgasse in die andere. Kein Wunder, wer noch nicht einmal ein klares Ziel vor Augen hat, wer nicht wirklich weiß, wo er hin will, der kann sich am Ende eben auch nur verfahren.
d.schwickerath@volksfreund.de

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