Von langer Hand schlecht geplant

Dezember 2022: Thomas Müller trifft für Deutschland bei der Weltmeisterschaft in Katar. Der 33-Jährige wird am 2. Weihnachtsfeiertag seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft erklären, doch erst mal löst sein Tor riesigen Jubel auf dem Trierer Weihnachtsmarkt aus. Schwarz-rot-goldene Wollmützen fliegen in die Luft und treffen da auf Champignons, Knoblauchsoße, Reibekuchen und Apfelmus.

Der lauwarme Glühwein schwappt in die Kapuze von Nachbars Daunenjacke und färbt den weißen Polyester-Fellkragen zartrosa - so könnte der Alptraum aussehen, der die Fußballfans in sieben Jahren erwartet.

Und doch ist eine WM im Winter die einzige Möglichkeit. Den Spielern droht bei einem Turnier im Sommer in den klimatisierten Stadien, Bussen und Luxushotels vielleicht eine Erkältung, den Fans vor Ort bei Temperaturen um 50 Grad Celsius aber viel Schlimmeres.

Die Entscheidung für die Verlegung des Turniers in den Winter ist nicht das Problem dieser WM 2022. Der eigentliche Skandal ist die fragwürdige Vergabe der Veranstaltung an das arabische Emirat durch den Fußball-Weltverband Fifa.

Korruption, Menschenrechtsverletzungen, tote Gastarbeiter, politische Einflussnahme: Die Liste der Verfehlungen aufseiten der Fifa und der Organisatoren in Katar ist lang. Wider jede Vernunft entschied sich der Verband, das Turnier 2022 dort auszutragen. "Man kann vielleicht mal ein Stadion abkühlen, aber man kann doch kein ganzes Land abkühlen" - zu dieser Erkenntnis kam Fifa-Präsident Sepp Blatter erst nach der Vergabe. Getreu dem Motto: Erst handeln, dann denken.

Ein deutliches Zeichen wäre es, die WM 2022 neu zu vergeben. Und die Führungsposten in der Fifa gleich mit. Angesichts der zu erwartenden Wiederwahl Blatters in diesem Jahr bleibt das aber wohl Wunschdenken.
Der Lebkuchen mag einem im Halse stecken bleiben.
r.schaal@volksfreund.de

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