Wahlkampf auf Schienen

Nachdem sich die vermeintlich millionenfache Ausspionierung von Bundesbürgern eher als Rohrkrepierer im Wahlkampf entpuppte, wird nun die Bahn forsch in denselben gezogen. Regierungsvertreter und Opposition machten sich gestern mit wuchtiger Empörung wechselseitig für die Misere auf Deutschlands Schienen verantwortlich.

Inzwischen scheint den Parteien jedes Thema recht zu sein, um sich zu profilieren. Dabei wird auf diese Weise allenfalls die Politikverdrossenheit geschürt.
Den von Verspätungen, Umleitungen und Zugausfällen geplagten Bahnkunden müssen die schrillen Schuldzuweisungen jedenfalls wie Hohn in den Ohren klingen.
Anstatt politisch übereinander herzufallen sind schlüssige Konzepte gefragt, wie die Bahn wieder flottgemacht werden kann. Es fehlen ja nicht nur Fahrdienstleiter, sondern auch Lokführer und Servicepersonal.
Immerhin hat FDP-Oberwahlkämpfer Rainer Brüderle schon mal eine Idee unterbreitet, wie man es nicht machen sollte: Sein Plädoyer für einen Börsengang der Bahn ist schon deshalb absurd, weil dieser Kurs genau zu jener Sparorgie beigetragen hat, an deren Folgen das Unternehmen bis heute leidet. Erinnert sei nur an das Chaos bei der Berliner S-Bahn, das den heutigen Ereignissen in Mainz nicht unähnlich war. Deshalb wurde ein Börsengang auch nicht weiterverfolgt.
Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Zu fragen bleibt, warum die Bahn jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag an den Bundeshaushalt abführen muss, obwohl das Geld dringend zur Sanierung des Unternehmens gebraucht wird.
nachrichten.red@volksfreund.de

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