Wandel ist kein Wunschkonzert

Dass die rheinland-pfälzische Landesregierung die demographische Entwicklung ernst und wichtig nimmt, ist lobenswert. Aktionspläne, Foren, Konferenzen: Auf das, was sich da in den nächsten Jahren und Jahrzehnten anbahnt, kann man gar nicht umfassend genug reagieren.

Freilich tut sich die Politik schwer damit, dem Bürger reinen Wein einzuschenken. Verständlich, dass man lieber vom "guten Leben" im Alter redet als von einem drohenden Pflegenotstand. Schon deshalb, weil eine Schockstarre niemandem hilft. Aber den Menschen muss schon klar sein, dass die Beinahe-Umkehrung der Alterspyramide in unserer Gesellschaft auf allen Ebenen massivste Veränderungen nach sich ziehen wird. Und dass diese nicht zwangsläufig zu dem führen, was man ein gutes Leben nennt.Der Wandel ist gestaltbar, das ist die erfreuliche Nachricht. Aber gesellschaftlicher Wandel ist kein Wunschkonzert. Wandel gestalten: Das kann nicht bedeuten, alle vorhandenen Besitzstände zu sichern und darüber hinaus Wünschenswertes hinzuzufügen. Denn dafür ist nicht genug Geld da. Notwendige Spielräume für neue Formen und Ideen muss man erst schaffen. Entweder, indem man auf Altes verzichtet. Oder, indem alle Beteiligten einen wesentlich größeren Anteil ihres Einkommens und ihrer Ressourcen in die Absicherung ihres Alters stecken. Wahrscheinlich wird man sogar beides brauchen. Gerade in einer Flächenregion wie der unseren kommt noch etwas Wichtiges hinzu. Die angemessene Pflege und die altersgemäße Versorgung mit Dienstleistungen werden nicht dauerhaft und in gleicher Qualität überall auf dem Land zu gewährleisten sein. Diese Erkenntnis tut weh, aber wer sie den Bürgern vorenthält, handelt unfair, denn er wiegt sie in einer trügerischen Hoffnung. Es gibt im Prinzip zwei Möglichkeiten: Entweder man geht den schmerzlichen und politisch schwierigen Weg, frühzeitig zu entscheiden, wo die Region mit öffentlichen Mitteln weiter entwickelt wird und wo nicht. Dann weiß jeder, wo er dran ist. Doch dafür war die Politik bislang zu feige. Die Alternative wäre, den Status quo längstmöglich zu erhalten und herumzuwursteln, bis am Ende alles unkontrolliert auseinanderbricht. Wo es in Rheinland-Pfalz hingeht, ist noch nicht so recht klar. Dass man auch neue Ideen prüft, unkonventionelle Wege geht, Energie investiert, ist allemal ein richtiger Schritt. Aber was kommt dann? "Von der Idee zur Aktion" - so stand als Motto über dem Forum. "Hauptsache, wir haben mal drüber geredet", wäre wohl ehrlicher gewesen. Aber aus dem Reden kann ja noch mehr werden. d.lintz@volksfreund.de

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