Meinung Wer auf Lerneffekte hoffte, wird von Trump enttäuscht

Es wäre sicher übertrieben, von einer Rollenverteilung nach dem Muster Good Cop/Bad Cop zu sprechen. Einerseits hat Emmanuel Macron vor dem amerikanischen Kongress zu klare Worte gegen nationalistische Engstirnigkeit gefunden, als dass man ihn auf den Part des Charmeurs, des Trump-Flüsterers reduzieren könnte. Andererseits neigt Angela Merkel allein schon vom politischen Naturell her nicht dazu, dem Präsidenten der USA klare Kante zu zeigen. Dennoch haben beide in konzertierter Aktion versucht, Donald Trump ein altes Versprechen auszureden.

Trump hat immer wieder erklärt, was er vom Atomabkommen mit Iran hält. Es sei der schlechteste Deal, der je ausgehandelt wurde, tönt er, seit er seinen Hut in den Kandidatenring warf. Und dass der Welthandel eine Schieflage auf Kosten Amerikas aufweist, hat er auf Wahlkampfbühnen fast täglich gepredigt.

Die Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte, die ab dem 1. Mai auch die Europäer bestrafen, falls er eine befristete Ausnahmeregelung nicht doch noch verlängert, sind die logische Folge dieser Rhetorik.

Macron mag den charismatischen Weltstaatsmann geben, Merkel die für die Kleinarbeit zuständige Handelsreisende: Es sieht nicht danach aus, als würde sich Trump von dem Duo eines Besseren belehren lassen. Wo seine Prioritäten liegen, hat er geradezu lustvoll demonstriert, als er aus dem Pariser Klimaabkommen ausstieg. Er sei gewählt, um die Bürger von Pittsburgh zu vertreten, nicht die von Paris, bündelte er sein „America first“ in einer griffigen Zeile. Wer seither auf Lerneffekte hofft, sieht sich bislang enttäuscht. Amerika zuerst, in einem buchhalterisch eng verstandenen Sinn: Dabei wird es auf absehbare Zeit bleiben.

nachrichten.red@volksfreund.de

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