Willkommenes Feigenblatt

Wer hat recht? Die syrischen Menschenrechtler, die an Sinn und Methode der Beobachter- und Friedensmission der Arabischen Liga zweifeln und von weiteren Tötungen von Regimegegnern berichten? Oder jene Liga-Vertreter, die nach ihrer Ankunft schnell konstatierten, man habe gar nichts Beunruhigendes festgestellt? Aus westlicher Sicht ist zunächst einmal vor allem eines wenig vertrauenerweckend: Mit dem sudanesischen General Mustafa al-Dabi hat die Arabische Liga, ohnehin nicht als Gralshüter der Menschenrechte bekannt, den größtmöglichen Bock zum Gärtner gemacht. Das dürfte pure Absicht sein.

Denn es kann gar nicht im Sinne der meisten der in der Liga vertretenen Staaten liegen, einer Aufarbeitung der Gräueltaten vor internationalen Gremien oder gar einer internationalen Intervention den Weg zu bereiten.
Das Ziel scheint hier für die arabische Region zu sein, sich über die Zeit zu retten und dabei Täuschungen des Regimes in Damaskus hinzunehmen.
Auch in Washington und bei den europäischen Verbündeten ist man offenbar mit dieser Marschroute einverstanden, wie das Ausbleiben jeglicher ernsthaften Kritik an dieser zweifelhaften Beobachter-Mission deutlich macht.
Verglichen mit der militärischen Reaktion auf die Vorgänge in Libyen offenbart sich damit eine gewaltige Glaubwürdigkeitslücke. Denn Baschar Assad repräsentiert ein Regime, das UN-Ermittlungen zufolge für politische Attentate im Libanon verantwortlich ist, als Handlanger Irans die Hisbollah versorgt und schützend seine Hand über Terrororganisationen wie die Hamas und den Islamischen Dschihad hält.
Assad stellt damit eine größere Gefahr dar, als es jemals Hosni Mubarak oder Muammar Gaddafi waren.
Doch nun hat die internationale Gemeinschaft ein willkommenes Feigenblatt, das zu vermeiden, was nach den Erfahrungen in Libyen wohl das einzig wirksame Mittel wäre: Eine direkte Intervention wie durch die Einrichtung und Überwachung von Schutzzonen.

nachrichten.red@volksfreund.de

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