Zeit, dass sich was dreht

Das Betäubungsmittelrecht ist antiquiert und erfüllt seinen Zweck nicht

Wir Moselaner sind stolz auf unsere Weinbergs-Kulturlandschaft. Jeder Bitburger bekennt sich gern zur heimischen Gerstensaftproduktion, und Triers beliebtester Arbeitgeber produziert Zigaretten.

Landauf, landab finden im Sommer große Feste statt, deren primäre Funktion im mal mehr, mal weniger kontrollierten Konsum von berauschenden Getränken besteht - und dem daraus resultierenden gemütlichen Beisammensein.

Müsste man einem zufällig in der Region gelandeten Außerirdischen erklären, warum Genuss, Betrieb und Produktion von Ethanol (der chemische Begriff für Alkohol) nicht nur gesellschaftsfähig sind, sondern beworben und letztlich subventioniert werden, während Konsumenten von Tetrahydrocannabinol (der Cannabis-Wirkstoff) in letzter Konsequenz ins Gefängnis wandern: Man käme ganz schön ins Schleudern. Jedenfalls, wenn man die Gesetze der Logik berücksichtigt.

Die Sache hat auch eine grundsätzliche Komponente. Ein freiheitlicher Rechtsstaat pflegt seinen Bürgern nicht vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben -, wenn es Dritten nicht schadet.
Man darf zu fett essen, ohne Helm Fahrrad fahren, den ganzen Tag vor der Glotze sitzen, mit Freunden ein Fass Bier leeren.

Nichts davon ist der Gesundheit von Körper und Geist zuträglich. Aber vollkommen zu Recht würde niemand akzeptieren, wenn der Staat ihm da dreinredet.

Verbote sind allenfalls da denkbar, wo es darum ginge, unmittelbare Elementarschäden zu vermeiden.
Aber genau das ist bei weichen Drogen Fiktion. Wenn der nicht-kiffende Normalbürger wüsste, wie viele Chefs, Politiker, Juristen, Manager, Ärzte und sonstige Würdenträger der Gesellschaft zumindest in einer Phase ihres Lebens den Genuss von Cannabis-Produkten praktizierten, er käme aus dem Staunen wohl nicht mehr raus. Geschadet hat es den wenigsten.

Ja: es gibt auch Menschen, bei denen es in Sucht endet. Aber wer jeden Joint als Einstiegsdroge zum Heroin-Wrack betrachtet, der müsste konsequenterweise auch hinter jedem Glas Wein den Hardcore-Alkoholiker sehen.
Wer krankhaft süchtig wird, bei dem kann es nicht nur an der Gelegenheit liegen, da muss auch etwas anderes falschgelaufen sein.

Last not least: Die Vorstellung von der abschreckenden Wirkung des Strafrechts auf potenzielle Konsumenten steht auf äußerst wackligen Beinen.

Und Prozesse wie gestern in Trier, bei denen allen Beteiligten die Unlust an diesem Spektakel förmlich anzusehen ist, tragen nichts zu einer sinnvollen Suchtbekämpfung bei.

Eher täten Entmystifizierung und Entkriminalisierung weicher Drogen Not. Schließlich galt noch für jede nachwachsende Generation die Devise: Was verboten ist, macht uns gerade scharf.

d.lintz@volksfreund.de

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