Zurück in der Wagenburg

Der katholischen Kirche wird langsam aber sicher bewusst, was das Verhalten des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst für die Kirche insgesamt bedeutet: In einer Zeit, in der in diesem Land die Bindungskraft der christlichen Religionsgemeinschaften stark nachlässt, die Austritte zunehmen, die Kirche sogar um ihr Überleben als Teil der gesellschaftlichen Mitte kämpft, bringen die Verfehlungen eines Einzelnen die Institution als Ganzes in Verruf. Das ist für viele Geistliche in den Niederungen der oft harten Kirchenarbeit bitter.


Aber auch sie werden wissen: Glaubwürdigkeit hängt davon ab, inwieweit ein Priester möglichst das lebt, was er verkündet. Das ist übrigens nicht nur in der Kirche so, sondern auch in der Politik, und häufig genug sogar im richtigen Leben.
Vor diesem Hintergrund hätte man sich gestern ein paar deutlichere Worte des Vorsitzenden der Bischofskonferenz zur Situation in Limburg gewünscht. Er wollte nicht, vielleicht konnte er auch nicht. Weil Tebartz-van Elst bislang jegliche Einsicht hat missen lassen. Deswegen liegt der Ball nun erst recht in Rom.
Wer das Wirken und die Reden des neuen Papstes bisher verfolgt hat, wird sich kaum vorstellen können, dass Franziskus die Dinge rund um den eigensinnigen Bischof einfach so weiterlaufen lässt. Es entspricht nicht seiner Vorstellung von Kirche. Hoffentlich. Denn was in Limburg geschehen ist, hat etwas von der Rückkehr zur alten katholischen Wagenburgmentalität. Dabei wollte man als Institution nicht erst seit Franziskus genau diese Haltung endlich überwinden, sich notgedrungen offener und anders den Menschen zuwenden, ein neues, intensiveres Band zu den Gläubigen knüpfen.
Was im Kleinen an vielen Stellen in den Gemeinden gelungen ist, ist durch die Ereignisse von Limburg im Großen wieder zerschnitten worden. Auch das muss sich der dortige Bischof vorwerfen lassen.
In ihre letzte große Krise ist die katholische Kirche nach der Aufdeckung der abscheulichen Missbrauchsskandale gerutscht. Die Verbrechen an Kindern sind mit dem selbstherrlichen Protzgehabe eines führenden Geistlichen selbstverständlich nicht vergleichbar. Aber der Vertrauensverlust, der große Schaden, der damals entstanden ist, den hat die Kirche bis heute nur mühsam bewältigt. Nun wird sie wieder zurückfallen, da jetzt alle Urteile und Vorurteile gegenüber ihren Vertretern, auch die Kritik an unzeitgemäßen Positionen, in einen großen Topf geworfen werden. Typisch Kirche, werden viele wieder denken. Das schwächt ihre Kraft, eine ihrer gesellschaftlichen Kernaufgaben umzusetzen: sich für jene einzusetzen, die Beistand dringend nötig haben. Auch das ist ein "Verdienst" von Tebartz-van Elst.
nachrichten.red@volksfreund.de

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