Forum Die Mär von Gaias Rache

Noch eine Virus-Theorie: Manche meinen, Corona sei eine Strafe von Mutter Erde/der Natur/des Schöpfers. Ist da was dran?

 Peter Reinhart

Peter Reinhart

Foto: TV/Klaus Kimmling

Traurig ist sie, traurig und verzweifelt, die Mutter Erde, weil ihre unartigen Kinder sie piesacken und alles kaputtmachen, schreibt Leserin A.; die erzieherischen Maßnahmen der traurigen Mutter Erde: Sie heizt das Klima an, sie schickt mal Sturzfluten, mal Dürre, sie lässt böse Viren auf ihre unartigen Kinder los …

Ganz eindeutig, die Natur beginnt, Rache zu nehmen, meint Leser B.; Rache dafür, dass wir sie ausbeuten, die Meere, Flüsse, Bäche verseuchen, die Urwälder abholzen, die Wiesen und Felder vergiften, die Tiere quälen, die Atmosphäre zerstören ...

Leser C. ist überzeugt, dass die Apokalypse naht, das Jüngste Gericht, weil die Menschen sich von Gott abgewendet haben und das Werk des Schöpfers ruinieren …

Drei Fundstücke aus der Post, beispielhaft für die Grundstimmung. Die Sehnsucht nach Erklärung und Erkenntnis ist gewaltig, wie immer in Krisen-Zeiten, die Sehnsucht nach Sicherheit, die Sehnsucht nach einer Antwort auf die Frage, was der Sinn von „det Janze“ sein mag.

Die Sache mit dem Coronavirus ist kompliziert. Politiker und Mediziner und Wissenschaftler und Forscher und Medienleute liefern pausenlos Erklärungen und Erkenntnisse, oft widersprüchlich, oft unbefriedigend. Auf jede Antwort eine Frage.

Keine Sicherheit, nirgends. Gibt’s die vielleicht bei den spirituellen Sinnstiftern? Religion. Philosophie. Esoterik.

Ja, da findet sich allerlei, zum Beispiel die Vorstellung von der Erde als Mutter, die denkt und fühlt und ihre Kinder nährt (und bestraft). Eine Vorstellung, so alt wie die Menschheit, vor einigen Jahrzehnten von Hippies und Esoterikern neu interpretiert – auf dem Fundament der Gaia-Hypothese. Die hat James Lovelock entwickelt, ein Mediziner, Biophysiker, Chemiker und Vordenker der Öko-Bewegung. Er sagt: Die Erde (griechisch: Gaia) ist ein lebender Organismus, ein dynamisches System, in dem alles mit allem zusammenhängt – und das wir gnadenlos ausplündern.

Dass die Erde beseelt ist, dass sie fühlt und denkt wie eine Mutter, hat Lovelock, der vor kurzem 101 Jahre alt geworden ist, nie behauptet. Dieses romantische Element haben die Hippies und Esoteriker der Gaia-Hypothese hinzugedichtet. Sei’s drum, der Erde ist’s egal – oder, Mutter?!

Bleiben Sie munter!

Peter Reinhart

Stellvertretender Chefredakteur

E-Mail: forum@volksfreund.de

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