Abwegig

Zum Artikel "Kinderschänder muss für mindestens zehneinhalb Jahre hinter Gitter" (TV vom 27. April):

Ein Autofahrer ist jemand, der ein Auto fährt, ein Kinderschänder wäre einer, der über ein Kind Schande bringt. Schande aber ist eine aus eigener Schuld resultierende Scham oder soziale Ächtung, die "Missachtung, die denjenigen trifft, der durch sein Verhalten die Sittlichkeit, die gute Sitte oder die Forderungen der Standes-, Berufs- etc. Ehre verletzt" (Meyers Konversationslexikon).

Anzunehmen, dass die Schande das Opfer eines Verbrechens trifft, wäre das gleiche abwegige Moralverständnis, aus dem in manchen Gesellschaften vergewaltigte Frauen bestraft werden, nicht aber die Täter. Ein Krimineller schändet nicht sein Opfer, sondern sich selbst.

Vor diesem Hintergrund sollte der Begriff "Kinderschänder" ein für alle Mal aus dem Sprachgebrauch seriöser Journalisten getilgt werden. Eine Verbesserung wäre zum Beispiel die Formulierung "pädophiler Sexualverbrecher".

Dr. Christoph Klawe, Trier

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