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Zum Artikel "Das Milliardengeschäft mit der Hilfe für Hungernde" (TV vom 9. September):

Meinung

Fatale Haltung des Besserwissens und Belehrens
Afrikas "Entwicklung" wird als ein Aufholen gegenüber dem Westen, als ein Überwinden von "Unter-Entwicklung" begriffen. Doch den Westen als absolutes Entwicklungs-Ziel zu begreifen, ist aufgrund der heutigen globalen Situation nicht mehr haltbar. Wir sollten unsere Sicht auf Afrika von "Unter-Entwicklung" befreien. Dann wären wir vielleicht in der Lage, afrikanische Menschen und Länder als normal anzusehen, normal in dem Sinne, dass Afrikaner von sich aus an Verbesserungen und Reformen interessiert sind, dass Afrikaner mit ihren Regierungen nicht zufrieden sind, dass sie sich aus Armut und Unterdrückung befreien wollen. Die nordafrikanischen Länder sind das beste aktuelle Beispiel hierfür. Im Prinzip muss immer davon ausgegangen werden, dass bei der Entwicklungszusammenarbeit eine kulturelle Kluft vorliegt, die die westlichen Projekte unterläuft und am Ende scheitern lassen kann. Unter ausländischer Perspektive hätten beispielsweise die zahlreichen Entwicklungs-Anstrengungen Kenia vor der bürgerkriegsähnlichen Katastrophe von Anfang 2008 bewahren sollen. Dutzende von ausländischen Organisationen waren an der sogenannten Civic Education, an politischer und Wähler-Bildung zumindest zwei Jahrzehnte lang beteiligt. Und doch konnten sie die kenianischen Kämpfe nicht verhindern. Offensichtlich ging die gut gemeinte politische Bildung an der afrikanischen politischen Realität vorbei, die von einem Pseudo-Elder-System bestimmt wird, von Stammesidentität, fehlender Achtung der Eliten für die gewöhnlichen Bürger, von einer Wertschätzung von Grund und Boden, die weit über den materiellen Wert hinausgeht. Haben die ausländischen Entwicklungshelfer jene kulturellen Aspekte in Betracht gezogen? Bei der Diskussion um die richtige Entwicklungshilfe sollte es nicht nur um eine Verrechnung von geeigneten Inputs im Hinblick auf einen erwünschten Output gehen. Es wäre eine Befreiung für den Westen und für Afrika, wenn der Westen die Haltung des Besserwissens und des Belehrens aufgäbe und bereit wäre, auf Afrika zu hören. Helmut Danner, Nairobi

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