Handel Auf dem Irrweg in die Zukunft?

Zu den Artikeln „Weltkonzern drängt in die Region“, „Wie Amazon weiter wachsen will“ und „Streitthema in Europa: Amazon und die Steuern“ (TV vom 5. Mai) sowie zu weiteren Beiträgen zum Thema schreibt Jürgen Teusch:

Sehr lange her, da spazierte man in die Stadt Richtung Markt oder Marktplatz, welcher sich oft in der Nähe der Kirche befand. Dort trafen sich die Menschen und die Händler.

Es wurde gehandelt, gekauft, diskutiert, dort wurde auch Politik gemacht. Ein großer Teil der Kommunikation und der Meinungsbildung der Gesellschaft fand dort statt.

Diese Zeiten sind längst vorbei. Heute sitzt man in seinem Kämmerlein, insbesondere zu Corona-Zeiten, schreibt via WhatsApp oder telefoniert über Skype. Und in den Handel muss man auch nicht mehr, geht ja alles online. Nette Gespräche mit der Bankangestellten, der Buchhändlerin sind heute Fehlanzeige.

Ob diese Entwicklung für das soziale Wesen Mensch die Richtige ist, wird sich zeigen. Größte Lockdown-Nutznießer sind derzeit ja die Online-Händler, zum Beispiel Amazon.

Laut eigenen Angaben machte das Unternehmen im Jahr 2019 in Deutschland 19,9 Milliarden Euro Umsatz. Angaben über die Gewinne gibt es nicht. 261 Millionen Euro an direkten Steuern, wie Gewerbesteuer, Körperschaftssteuer führte Amazon an den Fiskus für 2019 ab, darin enthalten auch Beiträge zur Sozialversicherung der Angestellten. Bis dahin kann sich Amazon in Deutschland noch nicht über Steuerwucher beklagen.

Dann kommen aber noch die indirekten Steuern in Höhe von 1,4 Milliarden Euro dazu, also die Steuern, die das Unternehmen von Dritten an den Staat weiterleitet, etwa die Mehrwertsteuer oder die Steuerzahlungen der Mitarbeiter (Lohnsteuer).

Auch wenn das Unternehmen angibt, viel zu investieren, bleibt die Steuerquote exorbitant niedrig. Konkret kann man es wohl kaum berechnen, oder will es nicht berechnen können. Die Ergebnisse wären vielleicht eine Blamage im Hinblick auf Steuergerechtigkeit.

Insofern darf man ruhig mal das Thema Online-Steuer aufs Tapet bringen, damit diese Unternehmen gerecht an den Kosten für eine Volkswirtschaft beteiligt werden; nutzen ja auch die bestehende Infrastruktur.

Natürlich entstehen Arbeitsplätze durch neue Amazon-Standorte, die aber ihrerseits auch genügend Arbeitsplätze in den Innenstädten gefährden.

Und das Einzelhandel-Sterben ist ja jetzt nichts ganz Neues, wird aber wohl durch immer mehr Online-Handel sicher nicht aufgehalten. Sind wir da auf dem richtigen Weg?

Jürgen Teusch, Wittlich

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