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Zu den Artikeln "Zehntausende Menschen in der Region können nicht lesen und schreiben" und "Als wäre es eine ansteckende Krankheit" (TV vom 9. September):

Meinung

Null Bock, null Selbstwert - warum Analphabeten im Leben oft scheitern
Endlich! Es freut mich, dass offenbar durch den neuen Blickwinkel aus der Arbeitswelt das komplexe Thema Teilleistungs-Schwäche Lesen und Schreiben, mit riesigen Defiziten auch für die gesamte Volkswirtschaft, beleuchtet und hoffentlich nachhaltig angegangen wird. Traurig, dass erst jetzt die Sache in unserer Region thematisiert wird. Die Zahlen von "funktionalen Analphabeten" kenne ich schon mehr als zwei Jahrzehnte. Genauso lange denke ich darüber nach, warum dieses Thema nicht eher von der schreibenden Zunft entdeckt wurde. Klagen nicht alle Printmedien und Buchverlage über zunehmende Leserverluste? In diese Richtung sollte auch mal recherchiert werden. Logisch, dass Menschen mit Lesedefiziten geradezu auf andere Medien ausweichen müssen. Schön, dass Schreiberlinge sich einmal für Nichtschreiberlinge einsetzen. Schade, dass letztere auch diesen Text nicht lesen oder verstehen können. So wird schon eine Seite des Dilemmas deutlich. Ein Mensch mit großen schriftsprachlichen Defiziten, egal weshalb, ist weniger gut informiert, leichter manipulierbar und kann öffentlich nichts für sich tun. Neben Scham und Mutlosigkeit fehlt einfach das Werkzeug Schrift. Gut, dass die Sache jetzt in den Brennpunkt gerät. Es wäre so viel einfacher, in der Grundschule das Problem zu erkennen. Den Kindern und den späteren Erwachsenen bliebe viel erspart: Versagensängste, Bildungs-, Informations- und Kommunikationsdefizite, Aggressionen und so weiter. Fächerübergreifend neun Jahre lang, täglich sechs Stunden versagen, wenn gezielte Fördermaßnahmen fehlen, lässt den Selbstwert nahezu Null gehen! "Null Bock" auf die Gesellschaft programmiert! Hauptschulabschluss kaum erreichbar, Arbeitslosigkeit die Folge, wenn es ganz schlimm kommt. Dass nicht wenige davon straffällig werden, weisen Studien nach. Etwa 80 Prozent dieser Gruppe können gar nicht oder nur unzureichend lesen und schreiben. Bildung ist billiger! Marlies Günter, Gründungsmitglied und ehem. Vorsitzende Kreisverband Legasthenie Trier Wittlich Anm. d. Red.: Die "Schreiberlinge" dieser Zeitung haben das Thema nicht jetzt erst entdeckt, sondern berichten seit Jahren regelmäßig über Analphabetismus und was dagegen unternommen wird. In Hintergrund artikeln und Porträts sind auch Initiativen in der Region vorgestellt worden.

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