Geschichte Blindes Vertrauen? Ein großer Fehler!

Zu den Artikeln „Uni-Projekt deckt Gräueltaten von Nazi-Ärzten in der Region auf“ und „Ärzte als Gehilfen des Bösen“ (TV vom 18. März) schreibt Dr. Clemens Drobig:

Ethik ist insbesondere eine Frage der Gegenwart. So wäre es der Ärzteschaft, den Krankenversicherungen und den Gesundheitspolitikern zu wünschen, die aktuelle Versorgungssituation zu hinterfragen: Wie sind unsere Alten in den Altenheimen und die Pflegebedürftigen zu Hause versorgt? Welche Zeit und Sorgfalt steht für die Patienten in den Arztpraxen zur Verfügung? Sind kleine Krankenhäuser im ländlichen Bereich ausreichend refinanziert? Werden Indikationen zu einem Eingriff ausschließlich medizinisch gestellt oder spielt die Gewinnabsicht des Trägers eine Rolle? Ist qualifiziertes Personal vorhanden, um sorgfältig zu arbeiten? Stellen die Krankenversicherer ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung? Wer darf ein Altenheim, eine Praxis oder eine Klinik besitzen, gibt es einen ethischen Kodex? Sind die Verwaltungen, die die Mittel in den Einrichtungen zur Verfügung stellen müssen, an der Haftung bei Missständen beteiligt? Haften Gesundheitspolitiker, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkommen? Gibt es externe Kontrolle, wo sind die Konsequenzen?

Wir sollten den Blick in die Vergangenheit zum Anlass nehmen, uns unvoreingenommen mit der Gegenwart zu beschäftigen. Die Finanzierung des Gesundheitssystems hat aus den medizinischen Einrichtungen mittelständische oder industrielle Betriebe gemacht. Die Lehre aus den jetzt wieder berichteten Untaten kann doch nur sein, nicht blind darauf zu vertrauen, dass diese Betriebe nach medizinrechtlichen und ethischen Prinzipien einwandfrei funktionieren. Giovanni Maio aus Freiburg hat die Machtstrukturen gut beschrieben, die die Versorgung des einzelnen Patienten heute gefährden. Aus eigener Erfahrung kann ich ihm nur zustimmen.

Dr. Clemens Drobig, Trier

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