Bürokratischer Gewaltakt, mathematisch optimiert

Katholische Kirche

Zum Artikel "Jahrhundert-Reform im Bistum" und zu den neuen Pfarreien in der Region Trier (TV vom 25./26. März):
Geschafft ... das "Kind" ist geboren, oder die Katze ist aus dem Sack! Und was sehe ich, wenn ich mich über die Wiege beuge? Die Wiege, die Kirche, das Organ, was wie der Mutterleib, schützen und gebären soll. Da liegt ein Wesen mit großem Kopf vor mir, ein Körper, in dessen Mitte sich das Herz schwertut, alles am Leben zu erhalten. Und es fehlen die Gliedmaßen, die Finger, die Arme und Beine. Sie sind abgetrennt, vergessen. Bei einer realen Kindsgeburt würde man von einer Missgeburt sprechen.
Hier bei diesem "Projekt", was von sicher intelligenten Menschen auf den Weg gebracht wurde, kann ich nur von einem bürokratischen Gewaltakt sprechen.
Als im Jahresschlussgottesdienst 2015 im Trierer Dom von Bischof Stephan Ackermann die Reformpläne sachlich, kühl vorgestellt wurden, konnte man bereits erahnen, dass es eher um eine Gebietsreform als um Seelsorge geht. Genauso sachlich ist jetzt davon zu lesen, in einer Sprache, die sich weit entfernt hat von Glauben und Gottesnähe. Da ist die Rede von XXL-Pfarreien, von zentralen Pfarrorten, von Erkundungsphasen ...
Und das "Neugeborene", kann es ein Zuhause sein, Heimat geben? Für die Glieder (Gläubige), für junge, alte Menschen? Was wird mit den Priestern, die nicht am Hauptstandort integriert sind? Werden sie sich noch dazugehörig fühlen, oder werden sie in die Bedeutungslosigkeit abrutschen? Es drängt sich mir ein zugegeben zynischer Gedanke auf, wir werden dann an einem Priesterüberschuss leiden. Sollte dies erreicht werden? Ist es das Ziel?
Ich kann mich schwer mit diesem Gedanken anfreunden und spüre, wie ich immer mehr das verliere, was für mich Kirche ausmachte. Nämlich Geborgenheit.
Maria Spies
Monzelfeld

Wenn man die abgedruckte Landkarte anschaut, so erinnert sie stark an die Landkreise vor der Gebietsreform. Die zukünftigen Pfarreien sind mathematisch optimiert aus der Zahl der gegenwärtigen und zukünftigen Priester sowie aus der Zahl der Gläubigen. Bei der Gebietsreform sind die Kommunen, wenn auch oft zusammengezogen, erhalten geblieben. Ein solches Mittelglied, die nur kurzzeitig gebildeten sogenannten Pfarreiengemeinschaften, soll aber in der neuen kirchlichen Planung verschwinden. So müsste ein Gläubiger aus Igel, um zu "seinem" Pfarrer zu kommen, sich durch Trier nach Schweich begeben.
Begütigend wird in diesem Zusammenhang von Netzwerken gesprochen. Das erinnert mich daran, dass der Bischof von Aachen in den 1980er Jahren als Vorsitzender der Pastoralkommission der Bischofskonferenz vom "Mut zur Lücke" gesprochen hat. Wenige Wochen später predigte er an Allerheiligen darüber, dass die Heiligen keine Lücke hinterlassen. Und dann weiter: "Denn die Lücke ist der Tod." Wie viele Lücken aber sind in einem Netzwerk zu finden? Dieses angebliche Zukunftsprojekt bricht mit einer tausendjährigen Tradition. Die Aufteilung des Bistumsgebiets in Pfarreien war im Prinzip um das Jahr 1000 abgeschlossen. Vorher hatte es Großpfarreien gegeben.
Ein erstes Netz dieser Großpfarreien zu Beginn der Merowingerzeit kann man über das gesamte Bistumsgebiet nachzeichnen anhand von Patrozinien (Pfarrheilige), und zwar von Petrus- und Martinspatrozinien. Diese Großpfarreien bestanden aus einem Priesterkollegium zur Betreuung der umliegenden Dörfer. Sieht so unsere pastorale Zukunft mit jeweils nur einem einzigen Priester aus?
Die abnehmende Zahl der Gläubigen hängt zusammen mit der dramatisch abnehmenden Zahl der Gemeindepriester. Der Zwangszölibat spielt dabei eine große Rolle. Schon vor Jahrzehnten konnte man diese Entwicklung ausrechnen. Die Gemeinsame Synode hat in den 1970er Jahren den Vorschlag gemacht, viri probati, verheiratete erfahrene Männer, nach einem Theologiestudium zum Priestertum zuzulassen. Diese Initiative verlief im Sande. Es gibt zwar mittlerweile Diakone, Pastoralassistenten und -referenten; aber die eigentlichen priesterlichen Vollmachten sind ihnen verwehrt. Pastorale Alternativen sind nicht in Sicht. Warum haben die Verantwortlichen es so weit kommen lassen?
Franz Lüttgen
Welschbillig

Wird da nicht etwas als Errungenschaft zu verkaufen versucht, was eher nach Bankrotterklärung riecht? Offenbar haben die Bischöfe die Zeit einfach verschlafen. Nun haben wir den Salat. Für wie naiv halten diese Kirchenfürsten uns Katholiken nur?
Fakt ist doch, dass jeder Mensch mit normalem Verstand die Probleme, die wir heute mit dem Priestermangel haben, vor Jahrzehnten schon hat kommen sehen. Nur die Bischöfe waren offenbar nicht willens, fähig oder in der Lage, das zu erkennen und entsprechend gegenzusteuern. Problemlos und mit einem Federstrich hätte man damals das restlos unsinnige, mit nichts zu begründende, sogar nicht einmal gottgefällige "Pflicht"zölibat entsorgen können und geeigneten verheirateten Männern den Weg zum Priestertum öffnen können. Man hätte zudem auch laisierte Priester, die doch ein Leben lang Priester bleiben, problemlos wieder in Dienst stellen können. Außerdem standen auch damals schon nicht wenige Frauen bereit, sich zu Priesterinnen weihen zu lassen. Aber geschehen ist nichts, und das Ganze beweist letztlich doch eine ziemliche Unfähig- und Schwerfälligkeit.
Gesinnungmäßig hat sich auch bis heute wohl kaum Wesentliches geändert und von Aufwachen ist auch nichts zu spüren, denn heute ist man scheinbar sogar bereit, unsere katholische Kirche insgesamt auf dem Altar des Zölibats zu opfern. Das muss doch mal so deutlich gesagt und beklagt werden dürfen.

Josef Berens
Rommersheim

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