Leserbriefe Da hilft kein Reden mehr

Zum Artikel „Azubis brechen immer häufiger ihre Ausbildung ab“ (TV vom 17. Mai) meint Herbert Dittrich:

Mehr als 40 Jahre war ich in der Ausbildung als Metallbaumeister (als Angestellter und später als Selbstständiger) tätig und kann hierzu wirklich aus erster Hand berichten: Schon in den 70er Jahren war es sehr schwer, interessierte jugendliche Bewerber zu finden. Vorab muss gesagt werden, dass die Entscheidungsfindung bereits im Elternhaus stattfinden muss. Dazu gehört natürlich auch die Förderung in den Schulen, im Alter von zehn bis 15 Jahren. Wird in den letzten Jahrgängen nicht konzentriert das so wichtige „Werken“ gelehrt, wo soll denn dann die „Begabung“ für einen Berufszweig erkannt werden?

Die Vermittlungen über das Arbeitsamt sind dermaßen unfachmännisch, da diese sogenannten Jobberater selbst nicht genügend Erfahrung in den einzelnen Berufszweigen haben. Es sind lediglich „Schreibtischtäter“.

Sind dann wirklich Jugendliche, auch mit einfachem Schulabschluss, an einem Handwerk interessiert, spielt natürlich der zu erwartende Verdienst eine große Rolle. Die oft vorgebrachten Argumente wie Überstunden, harte Arbeit, wenig Verdienst, dem Wetter ausgesetzt, lange Lehrzeit oder andere sind meistens zu widerlegen.

Es gibt ein sehr wichtiges Argument, mit dem im Handwerk gepunktet werden kann:

Nichts ist so wichtig wie eine gründliche Ausbildung. Sie ist sehr oft ein gutes Sprungbrett für die weitere Fortbildung oder zum Übergang in eine größere Firma, wo Fachkenntnisse gefragt sind.

Ein weiterer wichtiger, aber sehr negativer Aspekt: Die Politik mischt sich viel zu sehr in die Belange der Betriebe mit Lehrlingen ein,  die Vorschriften sind unerträglich, und die Bürokratie ist erdrückend.

Selbst die eigenen Handwerkskammern sind weit weg von der Basis, eine einmal eingeführte Verordnung bleibt ewig, auch wenn sie sich nachweislich als überflüssig, falsch und hinderlich herausgestellt hat.

Die Forderung des DGB-Landesvorsitzenden Dietmar Muscheid klingt schon befremdend, wenn er sagt, dass die Betriebe bessere Bedingungen schaffen sollten. Solche Aussagen können nur von Gewerkschaften kommen, die bekanntermaßen immer nur fordern, selbst jedoch zu den Kosten hierfür keinerlei Beitrag leisten. Matthias Schwalbach von der Handwerkskammer Trier hat dem auch widersprochen, allerdings nicht kräftig genug.

Jeder Betrieb strebt nach eigener Ausbildung, kann jedoch nicht jeden Bewerber einstellen, denn er muss körperlich, geistig sowie auch menschlich geeignet sein. Hierbei mischen sich viele andere Außenstehende zu sehr ein, obwohl letztlich das Risiko stets alleine der Betrieb tragen muss.

Wird hier nicht sofort und nachhaltig in allen Punkten gehandelt, ist es für immer zu spät.  Es ist schon längst höchste Zeit und nicht vor, sondern „nach 12“.

Die Handwerksbetriebe, der Mittelstand, oft so hoch gelobt, sind schon längst ausgeblutet. Da hilft kein Reden mehr, nur Handeln.

Herbert Dittrich, Konz

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