Das Leben ist kein Ponyhof

Gesundheit

 Zeichnung: Martin Lamsfuhs

Zeichnung: Martin Lamsfuhs

Foto: (g_leser

Zu den Artikeln "Pflegepersonal dringend gesucht" und "Pflege ist mehr als die Assistenz des Arztes" (TV vom 9. März):
Piloten, Lokführer, Fluglotsen, Erzieher und Ärzte streiken! Erfolgreich! Die Pflege macht das nicht! In treuer Pflichterfüllung! Ein Schattendasein bis zum "kollektiven Burn-out"!
Fachpersonal managt Pflege, pflegt aber kaum noch die Menschen. Wie auch? Es ist ja kaum noch einer da. Pflegepersonal inklusive Hilfspersonal ist aufgrund der Anzahl (noch) die größte Berufsgruppe in Krankenhäusern, Altenheimen und Pflegediensten und somit der größte Kostentreiber.
Reflexartig wird seit Jahren genau an dieser Stellschraube gedreht, um das Unternehmen Krankenhaus (und andere Einrichtungen) gewinnbringend auszurichten. Jeder Bewohner eines Pflegeheimes, jeder Patient kann das spüren. Die super in Worte gefasste Kampagne "Pflege am Boden" verrauchte in der öffentlichen Wahrnehmung fast unbemerkt.
Das Pflegestärkungsgesetz ist auch in Sachen Personalstärke leider eine Mogelpackung. Gute Pflege braucht mehr Personal!
In der Leistungsfalle zu sitzen, den größer gewordenen Ansprüchen der Klientel, den komplexeren Arbeitsabläufen durch moderne Medizin und kürzere Verweildauer (sowohl im Krankenhaus wie in den Heimen) und so weiter mit immer weniger (Fach)Personal zu begegnen, führt zu einer permanenten Überforderung, der man nicht standhält und schon gar nicht bis zum 67. Lebensjahr.
Ich würde mir wünschen, dass in der Gesellschaft die Bereitschaft vorhanden wäre, eine nächste Krankenkassenbeitragserhöhung zu akzeptieren, für eine Finanzierung von mehr Pflegepersonal. Denn: Jeder will "gute" Pflege, und früher oder später braucht jeder Pflege. Egal ob daheim, in einer Pflegeeinrichtung oder im Krankenhaus.
Martin Lamsfuhs, Pflege- und Einrichtungsleiter
Prüm

Bei jedem Bericht zu diesem Thema stelle ich mir Fragen:
Wie lange, wie oft muss noch in den Tageszeitungen darüber berichtet werden, dass dringend Pflegepersonal gesucht wird?
Wie wäre es mal mit einer besseren Besoldung, mit Wertschätzung und Anerkennung? Solange ich in diesem Beruf tätig bin, und das schon seit 1968, höre ich nur: Pflegenotstand! Als ich in den Pflegeberuf einstieg, wurden Pflegekräfte aus Korea nach Deutschland geholt. Immer hieß es: Pflegenotstand! Ich bin mehr als 48 Jahre im Beruf, in Kliniken, Altenheimen und die letzten 20 Jahre in der sozialen Betreuung. Für mich persönlich war's eine Berufung, Menschen in einer schwierigen gesundheitlichen Lebensphase/Verfassung zu pflegen und zu betreuen. Wie wecke ich das Interesse junger Menschen, dass sie den Pflegeberuf erlernen? Attraktive Angebote: Gehaltsstufe, steuerliche Freibeträge, Pflegeschlüssel ändern, Ausbildung intern im Krankenhaus oder Altenheim. Diese Struktur lernte ich in Düsseldorf in einem Pflegezentrum des DRK kennen. Dort wurden Altenpflegerinnen und Ergotherapeuten ausgebildet. Dort gab es nicht diesen Pflegenotstand.
Für die Betreiber mögen diese Vorschläge "unattraktiv, nicht durchführbar sein", aber wo ein Wille, da ein Weg! Die Politik, die Betreiber befinden sich in einer Starre, nur nichts rühren, man könnte ja auf Ideen kommen. Aber vor Wahlen wird der Pflegenotstand plötzlich wieder hoch gehandelt. Hauptsache, das Geld fließt nach "oben", an die Manager, nur nicht nach "unten".
Das muss mal gesagt werden. Wir leben doch in einer Demokratie. Und das Denken der Gesellschaft, alle wollen wir alt werden, und dann? Bis dahin ist noch Zeit, sagen die einen, die anderen, vielleicht werde ich gar nicht so alt, dann hat sich das Problem von alleine gelöst! Erfinde ich diese Meinung? Nein, sobald ich das zum Thema in einer Gruppe mache, fallen diese oder ähnliche Sätze, oder: Komm, lass uns über etwas anderes reden.
Nur, komisch - kommt der besagte Tag, dann möchten die, die es noch weit von sich geschoben haben, die bestmögliche Pflege und Betreuung, am liebsten zum Nulltarif. Leute, wacht endlich auf, wir befinden uns nicht auf einem Ponyhof!
Gaby Hörzer
Morbach

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