leserbriefe Demoralisiert und desillusioniert

Zum Foto und zu der Nachricht „Kanzlerin Merkel besucht Pflegeheim“ (TV vom 17. Juli) schreiben Thomas Maier, Luise Meyer, Helmut Lauströer und Petra Carvalho Gomes:

In dem Bericht schreiben Sie: „... beim Füttern einer Heimbewohnerin ...“! Füttern ist ein Begriff, der bei Kindern verwendet wird und wohl auch bei Tieren, nicht bei alten Menschen. Dies wird als sehr respektlos gewertet. Pflegepersonal lernt dies schon zu Beginn der Ausbildung.

Thomas Maier, Fachpfleger Intensiv/ Krankenpfleger, Mertesdorf

Es ist traurig, dass unsere pflegebedürftigen Mitmenschen in vielen Fällen nur noch als Arbeitsobjekte gesehen werden. Das drückt sich schon in der Wortwahl Ihres Berichtes aus. Menschen werden nicht gefüttert, die Mahlzeiten werden angereicht. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Er hat nicht nur ein Recht auf Nahrung, er muss sie auch mit Würde genießen dürfen.

Luise Meyer, Altenpflegerin, Betteldorf

In dem Text heißt es, dass der Pfleger gerade mit dem „Füttern“ einer Heimbewohnerin beschäftigt ist! Man kann es nicht glauben, wie heutzutage unsere Sprache zu verrohen droht. Hunde und Katzen werden gefüttert! Auch alte Menschen haben eine Würde, Heimbewohnern, die nicht mehr in der Lage sind, eigenständig zu essen, wird vom Personal „das Essen gereicht“, sie werden nicht gefüttert! Wo bleibt Ihre Sorgfalt mit unserer Sprache? Ich bin enttäuscht!

Helmut Lauströer, Schweich

Mit großem Interesse verfolge ich die Diskussionen um Pflegeberufe, ihre Anerkennung in der Gesellschaft und die Bezahlung der Menschen in diesem Berufszweig.

Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen: Der Beruf des Krankenpflegers erfordert nicht nur eine große soziale Kompetenz (Empathie, Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit), sondern auch ein enormes medizinisches und anatomisches Fachwissen, was in den entsprechenden Pflegeschulen und praktisch auf Station vermittelt wird. Junge Menschen, die sich bewusst für die Pflegeberufe entscheiden, um engagiert und motiviert Menschen helfen zu können, werden in kurzer Zeit demoralisiert und desillusioniert. Sie verlieren durch die gegebenen Umstände die Lust an ihrem Beruf: Personalmangel, Überstunden, fehlende Anerkennung ihrer Arbeit, teilweise täglich wechselnde Schichtdienste, die den Schlaf- und Ernährungshaushalt belasten, ein soziales Privatleben ist kaum planbar. Hinzu kommt die mentale Belastung durch schwere Krankheiten und Tod. Darüber hinaus betrachten viele Patienten die Pflegekräfte als persönliche Leibeigene und in der Öffentlichkeit wird ihre Arbeit reduziert auf das Abwischen von H...

Nicht zuletzt steht dann die Bezahlung examinierter Pflegekräfte (ein Krankenpfleger legt inzwischen sieben Prüfungen im Rahmen seines Staatsexamens ab!) in keinerlei Verhältnis zu ihrer verantwortungsvollen Arbeit.

Mit welchen Argumenten soll man also (junge) Menschen noch zur Ausübung dieser Berufe motivieren? Unsere Zukunft bringt immer mehr alte, kranke und demente Menschen. Wer soll sich adäquat und mit Engagement und Liebe um sie kümmern, wenn sich die Einstellung der Öffentlichkeit und die Bezahlung der Leute nicht ändern? Wenn wir nicht auch noch die letzten Pfleger ans Ausland verlieren möchten (Schweiz, Luxemburg), muss sich schnell was tun. Es ist fünf nach zwölf!

Petra Carvalho Gomes, Ralingen-Wintersdorf

Anm. d. Red.: Wir bedauern die unbedachte und despektierliche Wortwahl in dem Beitrag und bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

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