Den Bogen schief gespannt

Da Bernd Wientjes überwiegend zum Thema Gesundheitspolitik berichtet und kommentiert, sollte man eigentlich annehmen, dass er über diese Thematik gut informiert ist. Es bleibt jedoch sein Geheimnis, warum in seinem oben genannten Kommentar erneut so wenige von diesen Informationen durchschimmern.

Hält er wirklich die Leser des TV - also die Patienten - für so naiv, dass sie nicht in Lage sind, die Konsequenzen der anstehenden "Gesundheitsreform" zumindest zu erahnen? Glaubt er wirklich, diese Patienten wüssten nicht, was es für sie bedeutet, wenn bis zu 30 Prozent der Arztpraxen - wie von Ulla Schmidt geplant - in naher Zukunft schließen müssen, oder was auf sie zukommt, wenn Medizin nicht mehr nach dem Nutzen der Patienten, sondern vorzugsweise nach den Kosten reglementiert wird. Hält er das für unnötige Panikmache? Er frage doch einmal die Patienten, ob es ihnen egal ist, wenn in ihrer Nähe die medizinische Versorgung durch niedergelassene Hausärzte und Fachärzte deutlich auszudünnen droht. Zum Thema drohender Staatsmedizin erscheinen mir seine Informationen ebenfalls auffallend dürftig, wenn er nicht die geplante Steigerung der jetzt schon bestehenden Reglementierungen bei Verordnungen und ausufernden "DMPs" und ähnlichem als Argument erkennt. Hält er auch das Risiko für den Patienten für harmlos, wenn zukünftig der Sicherstellungsauftrag bei den Krankenkassen liegen wird, deren wichtigstes Ziel - bei der Gefahr von Kasseninsolvenzen - eine erneut maßlose Budgetierung sein wird? Die meisten Patienten jedenfalls wissen genau, dass es bei den Protesten gegen das geplante Gesetz sehr wohl auch um ihre ureigene Versorgung geht. Bernd Wientjes hat den Bogen schief gespannt, und er ist gerissen. Daher habe ich bei seinem Kommentar nicht die Assoziation zu einem kritischen Journalisten einer unabhängigen, großen Tageszeitung. Ich denke bei diesen Zeilen eher an einen Pressesprecher der "Firma Ulla Schmidt, Lauterbach & Co." ("Co" wie SPD und CDU). Dr. Harald Reusch, Trier

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